4. Juni 2014
von Steffi
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Oostende

Oostende muss mal eine schöne Stadt gewesen sein. Damals, bevor die Allierten es mit Bomben und Granaten zerstörten, damit die Deutschen nicht den Hafen nutzen konnten. Danach kamen die Belgier wieder und bauten es über Nacht auf und überließen die Häuser dann sich selbst. Zu guter Letzt bauten Engländer und Franzosen zusammen den Tunnel unter dem Ärmelkanal, jetzt fahren auch die Fähren nicht mehr. Allen anderen Ländern ist es gelungen Fördergelder zum Renovieren und Rekultivieren ihrer Städte und Häuser zu bekommen, den Belgiern nicht. Vielleich lag ihnen ja auch nichts daran, mit dem holländischen Drang alles mit Blumen, Schnickschnack und liebevollen Details zu verzieren, haben sie jedenfalls nichts zu tun.

Das Beste hier ist der Hafenmeister des Royal Yacht Club Oostende, des ältesten Yachtclubs in Belgien. Alt kann man so und so sein.  Der Hafenmeister ist jedenfalls ein Original! Unsere Einfahrt um halb 10 Uhr abends war ihm völlig entgangen, bei der Anmeldugn heute morgen schaute er nur total verwundert aus dem Fenster und suchte unser Schiff. Dass dort, wo es lag, Platz gewesen war, verblüffte ihn noch mehr. Die Schiffslänge war ihm völlig egal, er kassierte einfach eine Nummer kleiner, uns soll’s recht sein. Ach ja: In Holland sprechen alle Englisch oder Deutsch, mit dem Hafenmeister spreche ich Deutsch, er mit mir die belgische Variante des Niederländischen und gut ist es!

Und die Fahrt hierhin? Vor der Hafeneinfahrt von Rotterdam hatten wir ziemlich Respekt. Man meldet sich per Funk bei Maas Entrance um sich anzumelden, war alles kein Problem. Die Einfahrt von Vlissingen/Antwerpen und Zeebrugge war dann schon ein anderes Kaliber:  Viel mehr Verkehr, und die Port Control Zeebrugge, die für das Gebiet zuständig ist … ist halt belgisch. Was aber eigentlich auch egal ist, denn wir müssen ja so und so ausweichen. Drei Schiffe kamen uns in die Quere, wir mussten sie vorbeilassen  oder ausweichen. So kamen wir erst nach mehr als 16 Stunden unter Motor und per Autopilot an. Wind war keiner.

Der frischt heute ziemlich auf. Und morgen erst recht. Windstärke 5 bis 6, ist vielleicht ja für erfahrene Segler harmlos, wir wollen lieber unter ruhigeren Bedingungen die Sandbänke vor Oostende und Nieuwport hinter uns bringen. Oder hat die der Frachter heute Nacht alle nebenan am Pier abgeladen? Er hat lange genug Krach gemacht!

Wir bleiben bis Freitag hier, und überlegen in Ruhe, wie wir weiterfahren – Frankreich und Jersey oder England?

Oostende

Oostende

Oostende must have been a beautiful town before the Allies bombed it down so that the Germans could not use the port. The Belgians rebuilt it as quickly as possible and then left it alone. After the French and British built the tunnel between their countries, the ferry terminal closed down. All other countries managed to get money from the EU to rebuild and renovate their towns and houses, not so the Belgians. But maybe they do not care: The Dutch skill of decorating everything with flowers, pretty things and cute details is completely unknown to them.

The best is the harbor master of the Royal Yacht Club Oostende, the oldest yacht club in Belgium. Well, old can be seen in different ways… Anyway he is an original! He kept wondering about our arrival and the berth we found in the evening, he never asked the length of our ship, so charged less. Perfect for me! By the way – in the Netherlands almost everybody speaks perfect English and/or German, not so in Belgium: The harbor master speaks the Belgian variety of Dutch to me, I speak German to him. We both get it.

And the journey? We both were a bit concerned about crossing the entrance to Rotterdam port, but it was no big deal at all. Entrance to Flushing/Antwerp and Zeebrugge was quite different! There was a lot more traffic. We had to give way to three huge ships. So it took us more than 16 hours under engine and autopilot. There was no wind.

However there wind today, and even more tomorrow. 5 to 6 Beaufort might me nothing for experienced sailors, but we prefer to cross the banks in front of Oostende and Nieuwport under better conditions. On the other hand – there might be no more banks: A vessel was unloading lots of sand on the pier right next to us last night.

Anyway, we stay till Friday  and plan our optional routes: France and Jersey or the British Isles?

2. Juni 2014
von Steffi
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Los geht’s

Los geht’s!

Wir sind nicht wirklich vorbereitet. Die Routenplanung bis Ijmuiden stammt vom letzten Jahr, gut das ist in Ordnung. Darüber hinaus gibt es nichts: Keine Route, das Berechnen der Gezeiten haben wir mal gemacht…, mit Sailmail oder OpenCPN hab ich zuletzt im April gearbeitet, auch den Plotter* haben wir noch nie richtig ausprobiert.

Und so kommt es, dass wir zwar zweieinhalb elektronische und eine Seekarte auf Papier haben, auch drei GPS, nur nicht beides zusammen.  Am Computer ist eine schöne Karte, doch die GPS Maus zeigt nichts an, der Plotter mit der CMap findet keine Position. Am iPhone habe ich eine Position, aber dafür nur eine behelfsmäßige  Karte. Also ausgestattet sind wir doppelt und dreifach …

Doch unsere Position lässt sich auf keiner der elektronischen Karten darstellen.

Also erfinden wir die AIS Navigation (AIS ist das Kollisisonswarnsystem, mit dem ihr uns auf www.marinetraffic.com verfolgen könnt): Die Schiffe um uns herum werden sehr wohl auf dem Plotter dargestellt. Da ist zum Beispiel die MSC Magnifica, ein großes Kreuzfahrtschiff, das uns durch den Nordzeekanal begleitet. Mit ihrer Hilfe wissen wir auch, wo wir sind.

Kurz vor Ijmuiden hat Tomy dann den Geistesblitz: Rob, der Elektronik Experte, muss einen Port am Plotter verstellt haben – GPS von Auto auf NMEA geändert und  – voila – Yemanja erscheint auf dem Bildschirm, unser Track wird aufgezeichnet!

Der Rest ist dann ein Kinderspiel, Schleuse anfunken, schleusen, in die Marina, sich ein bisschen doof anstellen beim Anlegen,  anmelden im Hafenbüro, über die Dünen an den Strand, Sundowner Bierchen, zurück auf’s Boot und Käsekrainer kochen!

 

So, und jetzt sind wir in Scheveningen und planen unser weiteres Vorgehen: Morgen wollen wir früh los, weil es bis Oostende rund 80 sm sind, also bis zu 16 Stunden unter Motor. Wind ist nämlich keiner!

 

*Für die Landratten: Plotter sind praktisch spezielle Computer, auf denen alles dargestellt wird, was die Seefahrer so brauchen.

Katwoude

30. Mai 2014
von Steffi
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Abfahrt aus Deutschland

Mit der Abfahrt aus Deutschland verstummt das Gedankengewirr um die Dinge, die ich noch erledigen oder unseren Töchtern sagen und zeigen will. Da ist nur noch Leere, so als wäre alles aus meinem Kopf gefallen.

Bei Tomy fällt die Krone. Nein, nicht die vom Kopf, auch nicht die von dem Zahn, den der Zahnarzt unbedingt noch ziehen wollte, nein, die oben drüber fällt ihm beim Kaugummikauen aus dem Mund. Wir sitzen im vollgepackten Auto auf dem Weg nach Holland.  Am Sonntag soll es losgehen.

Es fängt gut an.

Den Tag verbringen wir mit dem Verstauen des “Zeugs”. Melisa, unsere jüngste Tochter, kam vor ein paar Tagen von einer dreimonatigen Reise durch Südostasien zurück und wundert sich über die Unmenge Klamotten, die ich mithabe.

“Mama, weiß du eigentlich, wie wenig man braucht?”

Weiß ich. Nur nicht was davon.

Am Nachmittag kommen auch die andern beiden Töchter, samt Familie. Lian, unser Engelskind, fühlt sich wohl an Bord, macht Klimmzüge, damit er sehen kann, welche aufregenden Dinge auf dem Tisch liegen. Thomas, unser Schwiegersohn, klemmt  nochmal die bordeigene WLan Antenne an, diesmal funktioniert alles.

Am frühen Abend fahren die Kinder dann in ihr Ferienhaus.

Und dann füllt sich die Leere in meinem Kopf.

Mit Tränen.

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When leaving Germany my busy mind stops thinking. No more worries about all the things I need and want to do, or tell or show the kids. Suddenly my mind is empty. All thoughts have fallen out of my head.

Tomy’s crown falls as well. Not the one from his head, not the one the dentist wanted to change, no,  the one above it falls off his mouth while chewing gum. We are n the car on our way to the boat.

Definitely a good start!

We spend the day putting our stuff away. Melisa, our youngest daughter, who just came back home from travelling South East Asia for three month, wonders about the amount of clothes I brought.

“Mum, do you know how little you will need?”

Yes, I do. But not what.

Later the other two girls with family arrive. Lian, our grandchild happily explores the boat. Thomas, his father finally manages to install the WLan system.

Early evening they leave for their holiday home.

And now my head fills up again.

With tears.

27. Mai 2014
von Steffi
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Vache qui pisse

Es regnet. In England würde man sagen, es regnet Katzen und Hunde, in Frankreich: “Il pleut comme vache qui pisse.” Im Moment tendieren wir ja dazu, auf der französischen Seite des Ärmelkanals Richtung  Biskaya zu segeln. Trotzdem sage ich: “Salzburger Schnürlregen”. Der Regen fällt in langen, geraden Schnüren vom Himmel. Es ist die Art Regen, die ein paar Tage bleibt.

Dabei  wollte ich Vincent doch heute noch ein paar Arbeiten zeigen, die er in meiner Abwesenheit im Garten erledigen kann. Vincent wurde mir letzte Woche, als ich schwer bezweifelte, alles vor unserer Abfahrt fertig zu bekommen, vom Himmel geschickt. Es kam die Treppe vom Nachbarhaus runter, stand plötzlich neben mir und fragte, ob er mir helfen könnte. Ja, und ob: Rasenkanten abstechen,  Unkraut  am Zaun entfernen, rundherum kehren, die Erdbeeren vom Unkraut befreien, im Herbst Blätter fegen, Verblühtes abschneiden. Genau das wollte ich ihm heute und morgen noch zeigen, denn Vincent sucht erst noch eine Ausbildung zum Landschaftsgärtner und ist sehr wissbegierig.

Und jetzt schüttet es aus Kübeln und Eimern, wie pissende Kühe.

Im Keller kämpfen Trockner und Ventilator Seite an Seite gegen die Feuchtigkeit und ihren muffigen Geruch in Jeans und T-shirts.

Tomy ist in Holland, er bringt eine vorletzte Fuhre Zeugs auf Schiff: Medikamente, Bulgur in Flaschen, Klamotten, Bettwäsche, Handtücher, Vorratsdosen, Druckkochtopf, Nadeln und Garn, H-Milch, noch ein paar Bücher – das Auto ist wieder voll. Und das wird es auch am Donnerstag sein, wenn wir mit den letzten gepackten Säcken endgültig aufs Boot ziehen. Unsere Kinder werden mitkommen um uns zu verabschieden. Davor graut mir so ein bisschen.

Sehr.

Ob ich fertig werde? Die To-do Liste wird doch tatsächlich kürzer.  Vor allem weil ich ein paar Aufgaben einfach streiche. Möglicherweise auch, Vincent im strömenden Regen das fachgerechte Abschneiden von Verblühtem zu zeigen.

4. Mai 2014
von Steffi
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PET-Flaschen, Gastlandflaggen und Impfungen

Steffi füllt Vorräte in PET-Flaschen

Steffi füllt Vorräte in PET-Flaschen

Wir füllen Vollkornmehl, Bulgur und Flohsamenschalen in leere PET-Flaschen, die sind leicht, wasserfest, billig und haltbar. Ungeziefer beißt sich daran die Zähne aus.Wir werfen fragende Blicke in alle Schaps und Backskisten – wieviel wovon könnte da reinpassen? Ich nähe Leesegel und Haltegurte für Kombüse, Navi Ecke und Rettungsinsel. Die Steuer ist bereit für den Steuerberater, die Ablage erledigt – darauf muss ich noch ein Glas Sekt trinken. Tomy lädt unsere Lieblingsmusik auf iTunes und iPod, Dokumente werden gescannt, in Dropbox geladen, auf einem Memory Stick gesichert. Crewliste, Flaggenzertifikat, Versicherungsnachweis werden schon mal 30  mal kopiert, die Auslaufcheckliste und die Vorlagen fürs Logbuch noch öfter. Wir lassen uns gegen diverse exotische Krankheiten impfen, denn es soll ja auch schon mal das Landesinnere erkundet werden. Der Besuch beim Zahnarzt, Hautarzt und Tauchmediziner steht noch aus. Gibt es eine bezahlbare Krankenversicherung für lange Auslandsaufenthalte?

Ich drucke exotische Flaggen aus, Tomy laminiert sie ein – als Gastlandflaggen für ein paar oder auch nur für die ersten Tage reicht das allemal. Ich studiere Internetforen und Erfahrungsberichte. Und Einreisebestimmungen. Und Visaanträge. Fotos müssen wir noch machen lassen. Um ein Visum für Senegal zu bekommen müssen wir nach Berlin. Kriegen wir das noch hin? Wollen wir in den Senegal? Ich will nach Gambia, die Ankunft ist von Dakar aus leichter zu timen als von den Kanaren oder den Kap Verden. Ja, ja erst mal nur über die Biskaya, und dann spontan mit dem Wind, aber ein bisschen Planung ist schon hilfreich. Aber vielleicht denken nur deutsche Landratten so?

Was fehlt noch?

Ich glaub, unsere Listen werden nicht kürzer, sie werden länger.

Dafür wird das Geld immer weniger…

Tessa, der Beste aller Hunde, hat noch kein Heim im Juni, auch das darüberhinaus ist noch nicht ganz in trockenen Tüchern, Freundinnen will ich treffen, mich verabschieden, einen Quilt fertig nähen und Melle, unserer Tochter, das Nähen auf der Overlockmaschine erklären, die Blumen umtopfen und verteilen. Meine Nächte werden kürzer…

Werden wir es schaffen?

Bis Ende Mai?

Update 13.5.2014: Tessa wir ihren Lebensabend bei unserer Tochter und ihrem Partner verbringen. Mir fällt ein Stein vom Herzen!