1. Oktober 2014
von Steffi
Keine Kommentare

Wahnsinn!

Tomy kann meine Entzückungsschreie nicht mehr hören!
Wahnsinn! Wahnsinn! Wahnsinn!
An jeder Ecke, hinter jeder Kurve wartet ein neuer Atem beraubender Ausblick! Wie soll ich denn meine Begeisterung sonst kund tun?

Um neun Uhr übernehmen wir unser Mietauto. Anfangs bin ich noch etwas von Tomys Fahrweise beunruhigt: Nicht wir überholen, an uns wird vorbei gefahren. Gut, wir haben nur einen kleinen Panda, aber dass selbst die Lastautos an uns vorbei brausen, verunsichert mich doch.
Wir fahren durch die Schlucht von Ribeira Brava hinauf zum Ecumeada Pass. Diese Schlucht wurde 2010 besonders hart vom Jahrhundert-Unwetter getroffen – das Flussbett wird wieder befestigt und ist eine riesige Baustelle. Auch ist es bewölkt, so dass wir leider nicht die Berge sehen, auch der Blick zurück Richtung Meer ist getrübt, doch eindrucksvoll ist die Fahrt hinauf in die Berge, gesäumt von blühenden Nerinen allemal. Am Pass oben ist es empfindlich kalt, der Wind pfeift – schnell sind wir wieder im Auto um durch die Hochebene Paúl da Serra nach Rabaçal zu fahren. Doch ein Erdrutsch versperrt die einzige Straße dorthin!

Schlucht von Ribeira Brava

Schlucht von Ribeira Brava

Ribeira Brava

Ribeira Brava

 

Nerinen

Nerinen

Was tun? Es gibt zwar andere Wege nach Rabaçal, doch nur über “unten”. Madeira besteht aus hohen, schroffen Bergen, in die sich tiefe Schluchten eingekerbt haben. Durch diese Schluchten führen Flüsse, je nach Jahreszeit mehr oder weniger wild, nach unten ins Meer. Dort unten klettern die Siedlungen, die Häuser und die Felder links und rechts des Flusses in Terrassen die Hänge hinauf. Die Straßen winden sich in endlosen und engen Serpentinen an diesen Hängen hinauf und hinunter, die Täler werden sozusagen umfahren, Kurve um Kurve. Durch den einen oder anderen Berg führt ein Tunnel. Das gilt zumindest für die alten Straßen. Die neue Schnellstraße, die fast rund um die Insel führt, ist ein eigentlich einziger Tunnel, der zum Mittelpunkt der Erde führt, kilometerlang. Gelegentlich geht es auch über eine Brücke… Auto fahren in Madeira ist ein Abenteuer!

Von Süd nach Nord gibt es nur eine schnelle Verbindung – unter dem Pass durch den Berg.
Nun sind wir aber oben, wir können endlose Serpentinen hinunter fahren und durch eine andere Schlucht wieder endlos hoch, aber dann bleibt uns nicht mehr genug Zeit zum Wandern. Ins Tal müssen wir jedoch, also schlängeln wir uns hinunter nach São Vicente, besuchen das Vulkanmuseum und die Lava-Grotten. Das sind Röhren, durch die Lava floss und dabei erkaltete. Heute kann frau durch diese wandern. Es sind – na, Höhlen eben. Irgendwie sehen die immer gleich aus, meistens sind sie feucht bis nass. Dennoch war es interessant.

Unten sieht man den Lava Fluss

Unten sieht man den Lava Fluss

Von São Vicente aus nehmen wir den langen Weg der Küste entlang nach Hause…
Und jetzt kommt der Wahnsinn!

Nicht nur die Schönheit macht mich “wahnsinnig”, es ist schon auch die Straßenführung.

Tunnel

Tunnel

Kehre

Kehre

Die Straße ist oft steil, die Kehren sind eng und hinter Felsen, davor wird gehupt, damit eventueller Gegenverkehr aufpasst. Oft genug geht es links steil nach unten, rechts steil nach oben, auch schon mal durch einen einspurigen Tunnel, alten Tunnel ohne Beleuchtung. Darunter liegt das Meer, blitzblau, weiße Gischt prallt an die felsige Küste. Häuser mit roten Ziegeldächern kleben am Hang oder schmiegen sich unten an die Hügel. Dazwischen leuchtet es grün in allen Schattierungen, helles Grün, sattes Grün, je nach Nutzung. Hier im Norden ist die Küste besonders steil, das Klima etwas unwirtlicher als im Süden, so wächst auf den Terrassen meist Wein.

Nordküste

Nordküste

Porto da Cruz

Porto da Cruz

Hinter Santana biegen wir ab nach Süden und hinauf in die Berge. Die Straße schlängelt sich jetzt durch den unvermeidlichen und Boden auszehrenden Eukalyptuswald. Kur nach Ribeiro Frio ist es dann aus damit: Er ist abgebrannt. Weiter winden wir uns jetzt wieder hinunter Richtung Monte. Dort verbrachte der letzte österreichische Kaiser, Karl I, seine Tage im Exil, dort ist er begraben. Das scheint die Ungarn weit mehr zu bewegen als die Österreicher: Seine Gruft in der Kirche ist mit ungarischen Bändern geschmückt. Vor der Kirche starten die berühmten Korbschlitten ihre halsbrecherische Fahrt hinunter nach Funchal – ohne uns.

Karl I

Karl I

Korbschlitten

Korbschlitten

Ich mache noch einen Abstecher in die Gärten rund um die Kirche: Die Daturen dort sind

“A Wahnsinn!”

Wie ein Wahnsinniger fährt Tomy mittlerweile auch wieder! Ich bin beruhigt!

Datura

Datura

30. September 2014
von Steffi
Keine Kommentare

Baia d’Abra – Madeira

So, heute ist die Küste von Land aus dran:

Noch vor dem Frühstück gehen wir zum Leuchtturm, denn die Kaimauer hier ist zu hoch um auf das Meer blicken zu können: Dort draußen jagen Delphine! Links davon steigt ein Blas in die Luft – ein Wal!
Später lese ich, dass einige Whale Watching Veranstalter auf Maderia Delphinsichtungen garantieren: Wer keine sieht, darf nochmal frei mit!

Nachmittags wandern wir auf der Halbinsel São Lourenço, dem einzigen Teil Madeiras, der nicht grün ist. Seine Zier sind atemberaubende Felsformationen und faszinierende Gesteine, aufgeschichtet in Schichten; rote, graue, schwarze, gelbliche; gekörnte und glatte, durchbrochen von Lava Kaminen – Die Kraft der Vulkane, die diese Insel aus dem Meer hoben und sie gestalteten, liegt hier zu unseren Füßen. Da gibt es nicht viel zu sagen, das muss frau sehen:

DSC_0156

Hinter dem Durchbruch ist ein wunderschöner Strand mit Grillplatz, nur mit Dinghi erreichbar

Sao Lorenco

Sao Lorenco

Sao Lourenco, Baia d'Abra

Sao Lourenco

Kleiner Lava Kamin

Kleiner Lava Kamin

Sao Lorenzo

Sao Lorenzo

Zutraulicher Salamander

Zutraulicher Salamander

Die vielen atemberaubenden Ausblicke auf kleine Buchten, Höhlen, Durchbrüche und azurblaues Meer machen uns wieder Lust aufs Wasser. Wir blasen das Dinghi auf, sehr zur Freude der beiden energiegeladenen Patterdale Terrier der Nachbarn: Sie lassen die Fische nicht aus den Augen.

Dann geht es los zum Überhang mit Durchbruch und dahinter in die kleine Bucht mit einsamen Badestrand: Welch seltenes Juwel auf Madeira, das doch so gut wie keine Strände hat! Azurblaues, angenehm warmes Wasser, große Kiesel, rote Felsen mit Drachenzähnen aus erkalteter Lava, ein Blick auf die andere Seite – ich bin im siebten Abenteurerhimmel!

Langsam nähern wir uns dem Strand, das Wasser wird immer flacher. Tomy gibt mir Anweisungen: “Krempel dir die Hose auf, spring ins Wasser und halte mich ab, damit der Motor nicht über die Steine schrabbt!”
“Hochkrempeln wird nichts nutzen, ich zieh sie lieber aus!”
Gesagt, getan, ich springe ins scheinbar seichte Wasser, erwarte bis zur Mitte der Oberschenkel nass zu werden.

Platsch, stehe ich bis unter die Arme im Wasser!

Nachdem wir das Dinghi an Land gezogen haben, klettere ich zögerlich zu den Treppen vor dem Felsen. Dort hängen seltsame Drähte, auf einem Schild steht: “Gefahr! Rattenbekämpfung!” Noch vorsichtiger klettere ich weiter –
und breche in schallendes Gelächter aus!

Dort, weit abgelegen und unzugänglich, versteckt hinter einem Felsen, ist ein Grillplatz mit Tisch und Bänken, einer Hängematte und einer – Kühltruhe!

Geheimer Grillplatz

Geheimer Grillplatz

(In die Kühltruhe kommt das mitgebrachte Kühl-Eis, da hinein das Bier!)

Nach dem Schwimmen sammle ich noch eine Tüte mit Plastikabfall: Am Morgen hatte ich gelesen, dass weltweit in jeder Sekunde 206 Kilo davon ins Meer gelangen! Mein gesammeltes Kilo macht das Kraut also nicht fett, doch ich gebe die Hoffnung nicht auf! Vielleicht rette ich ja wenigstens ein Lamm, Verzeihung, einen Vogel oder einen Fisch!

Wir fahren zurück, wir haben ja kein Grillzeug mit! Diesmal bleiben wir dicht unter der Küste, um einen Blick in alle Höhlen zu werfen.

Ich bin restlos hin und weg! Madeira, Madeira, ich hab mich schon wieder in dich verguckt!

Wir hatten nur die Action Pro Kamera mit, die Fotos sind also nicht so gut, aber vielleicht kann euch das Video ein wenig begeistern.

28. September 2014
von Steffi
Keine Kommentare

Wale!!!!

Wenn hier jemand glaubt, dass wir zu einer kleinen Gruppe Wahnsinniger gehören, die sich in den Kopf gesetzt hat, weit zu segeln: Weit gefehlt!

Am Kai von Porto Santo haben sich schon hunderte Crews verewigt, viele mehr sind weiter, ohne sich die Mühe zu machen. Wahre Kunstwerke sind dazwischen! Auf den ersten Blick fallen mir drei österreichische Flaggen auf: Die Aleppo und die Cayenne waren hier, von beiden habe ich schon im Internet gelesen, ebenso von der deutschen Amazone. Und seit heute Morgen prangt auch unser Logo auf der Kaimauer von Porto Santo!

PS Kai

Künster am Werk am Kai von Porto Santo

Tomy vor unserem Logo

Tomy vor unserem Logo

Durch unseren kreativen Anfall werfen wir erst mittags die Leinen in Porto Santo los. Vor uns liegt ein glattes, tiefblaues Meer. Und wenig Wind. Wir nehmen Kurs auf die Klippen vor Madeira. Vor ein paar Jahren spazierte ich dort mit Melisa, unserer jüngsten Tochter, völlig hingerissen von dieser grandiosen Küste: Die wollte ich Tomy zeigen, vom Meer und vom Land aus!

Hinter dem letzten Felsen von Porto Santo kommt etwas Wind auf, 9 Knoten, wir setzen Segel. Eine Stunde schippern wir gemütlich dahin, dann geht der Wind auf 4 bis 6 Knoten zurück – zu wenig um die spektakuläre Küste bei Tageslicht zu erreichen.

Wieder muss der Unterwasserwind an die Arbeit gehen!

Dafür ziehen wir jetzt zum ersten Mal einen Köder hinter uns her. Die Angelrute samt Ausrüstung bekamen wir von Jochen, jenem Segler aus Bahia, den wir in Katwoude vor einem Jahr trafen. Was wir damit tun sollen, damit ein Fisch anbeißt, erklärte uns Martin von der Ganescha. Nun heißt es eigene Erfahrung sammeln: Passt der Köder? Muss mehr Blei dran? Mehr Leine? Sind wir zu schnell oder zu langsam?

Und vor allen Dingen: Was machen wir, wenn wirklich ein Fisch anbeißt? Töten? Wie? Wer?

Doch was ist das? Etwa ein bis zwei Meilen seitlich vor uns kocht die Luft mit Möwen, die übers Wasser jagen: Ein sicheres Zeichen, dass im Meer darunter größere Jäger ihre Beute zusammentreiben. Doch welche? Delfine sind es nicht, das sieht anders aus. Außerdem blasen die keine Wasserfontänen in die Luft!

Wale!

Leider oder Gott sei Dank, je nachdem, sind sie recht weit weg, wir können sie nur durch das Fernglas beobachten. Laut Walbestimmungsbuch tippen wir auf Schwertwale. Die Recherche im Internet am Abend ergibt – ja, die gibt es hier. Und außerdem noch Pottwale, Blauwale, Orcas, jede Menge Delphine und und und… Wow!

Kurze Zeit später nähern wir uns dieser beindruckenden Küste. Deutlich sind die Schichten und Verwerfungen, ja die Magnakanäle der erkalteten Vulkane erkennbar. Welch ungeheuren Kräfte diese Insel tief aus dem Meer gehoben haben! Ich spüre diese schlummernde und doch lebendige Kraft fast körperlich als lebensspendende Wärme, sie berührt eine verschüttete Macht in mir. Wahnsinn!

Tomy sagt, ich spinne…

Kurz vor der Einfahrt zur Marina gibt Tomy nochmals Gas, jagt den Motor auf 2100 Umdrehungen hoch. Schrrriiillll!
Da schnurrt dieser Motor 35 Stunden mit 1800 Umdrehungen durch, doch bei 2100 fühlt er sich am Schwanz getreten!
Kaum geht Tomy vom Gas ist alles wieder gut. Trotzdem werden wir dem Ganzen auf Grund gegen müssen!

Jetzt liegen wir sicher, ruhig und geborgen im Faller-Häuschen- oder Spielzeugeisenbahn-Dorf Quinta do Lorde. Dieser Ort ist als Ferienanlage mit Marina künstlich doch typisch aus dem Boden gestampft worden. Außerhalb der Hauptsaison ist hier nicht viel los: Über uns glitzern die Sterne, neben uns steigt quasi Lava hoch. Außer zirpenden Grillen hören wir nur, wie die Fische unseren Rumpf sauber knabbern. Uns ist’s recht, wir ziehen die Geräusche der Natur meist den menschlichen vor.

Seht ihr den Lavastrom links zwischen den Masten hochsteigen?

Seht ihr den Lavastrom links zwischen den Masten hochsteigen?

Fairerweise muss ich gestehen, dass andere das auch anders sehen: “Das ist sozusagen ein „Retortenhafen“; frische Legobauweise mit Palmen. Alles neu, pur für Urlauber – nur waren diese nicht da. Es war fast unwirklich… ohne Bewohner, ohne Flair, aber teuer.” Zumindest für die 44 Fuß X-Yacht GarliX, von deren Blog dieses Zitat stammt.Für unser kleines Schiff ist der Aufenthalt nicht teuer, wir haben schon für viel weniger einiges mehr bezahlt. Teuer ist allerdings das Drumherum, das Bier an der Bar ist nicht unsere finanzielle Priorität.

Quinta do Lorde

Quinta do Lorde

Also kommt her und seht selbst!

Nicht so einfach?

Ich finde es auch unglaublich, dass ich, als unsportlichstes Wesen der Welt, außerdem Nicht-Seglerein, bis nach Maderia gesegelt bin!

Ich bin zutiefst beeindruckt von mir selbst!

27. September 2014
von Steffi
Keine Kommentare

Porto Santo

Es ist nicht alles Wüste, das kahl und trocken ist.

Ja, Porto Santo überrascht: Die auf dem ersten Blick unwirtlich und menschenleer wirkende Insel entpuppt sich als ein wunderhübsches, gepflegtes Inselchen voller Villen, Blumen und großartiger Ausblicke. Doch der Reihe nach.

Als wir ankommen, sind wir erst mal landkrank: Der Stuhl schwankt unter meinem Popo, die Tischplatte bewegt sich und wir können kaum geradeaus gehen. Wenn ich den Kopf zu sehr über die Tastatur beuge, wird mir schlecht. Ich poste und chatte schnell, dass es uns gut geht. Dann gehen wir auf Erkundungstour: Kontrolliertes Bewegen bringt unsere aufgewühlten Gleichgewichtskügelchen am schnellsten zur Ruhe.

Wir spazieren entlang der Hauptstraße in den Ort. Was fürchterlich klingt, ist beschaulich: Autos fahren hier praktisch nur, wenn die Fähre kommt oder geht. Links liegt der Strand, bald stehen auf beiden Seiten hübsche, gepflegte Häuschen in blühenden Gärten. Vom Strand in der Ortsmitte geht ein Pier ins Meer hinaus, davor ist ein Festplatz, ein Spielplatz, ein gut sortierter Supermarkt – wie ich später erfahre, der einzige auf der Insel – und ein paar Imbiss- und Souvenir-Standeln. Der Duft von Bolos de Caco, einer lokalen Brotspezialität, steigt in unsere Nase. Wir haben Hunger so kaufe ich zwei, je eines mit Chorico und eines mit Knoblauchbutter, für insgesamt 4 Euro. Wir erwarten einen kleinen Imbiss und bekommen das Abendessen gleich mit: Das Chorico Brot essen wir vor Ort, dann sind wir erst mal satt. Das zweite Brot wird dick mit Knoblauchbutter beschmiert, ich schätze mindestens die Menge, die in einer Meggle Packung ist. Wir nehmen es mit nach Hause, nochmal kurz geröstet ist es gemeinsam mit Tomatensalat ein köstliches Mal.

Am nächsten Morgen quäle ich mich um halb acht aus dem Bett. Offensichtlich bin ich nach den vier Nachtwachen doch erschöpfter als gedacht. Doch ich muss auf, denn Melle, unsere Älteste, hat nur um Acht hier, Neun in Deutschland, Zeit zum Skypen. Während Tomy leckere Brötchen* holt, plaudere ich mit Melle und sehe Lian bei der Nahrungsaufnahme und Nahrungsabgabe zu. Danach rutscht er munter durchs Wohnzimmer, zieht sich hoch, greift nach dem Telefonkabel, versucht es aus der Wand zu ziehen, läuft eine paar Schritte…

Melle meint, ich soll froh sein, dass ich ihn nicht rieche ;-)!

Welch wunderbare Art und Weise einen Tag zu beginnen!

Bevor ich zurück zum Schiff gehe, stutze ich – sind das heimatliche Klänge, die da an mein Ohr dringen? Ich quatsche die Herren am Nachbartisch – für Internet muss ich ins Cafe – an. Ja, er ist tatsächlich aus Österreich und wird als Crew mit 9 anderen nach Argentinien segeln. Auch der Skipper sitzt dabei, es ergibt sich ein interessantes Gespräch, das meine Sehnsucht nach Südamerika nährt.

Nach dem Frühstück bin ich wieder verabredet, diesmal mit unseren Zwillingen, welche es sich mit Tessa und Mussja, also Hund und Katz, zum Skypen auf dem Sofa bequem gemacht haben. Auch das Plauderstündchen mit den Beiden genieße ich sehr.

Auf dem Rückweg zum Schiff treffe ich Malou und Camille. Die beiden charmanten Mädchen, 11 und 7 Jahre alt, malen mit ihrem Opa das Logo ihres Schiffes auf die Kaimauer. Ich frage das Grüppchen auf Englisch, wo sie die Farbe gekauft hätten. Malou, die Ältere, antwortet ganz natürlich und selbstverständlich in fließenden Englisch. Auch ihre kleine Schwester quasselt munter auf Englisch drauflos, nicht alles richtig, doch alles ausdrückend. Die beiden werden von den Eltern unterrichtet und segeln jetzt um die Welt. Sie erklären mir noch den internationalen Hintergrund ihrer Patchworkfamilie, während der Opa weiter malt. Die beiden bezaubern mich völlig – ich finde keine Worte für den Eindruck, den sie hinterlassen haben: Eine Elfjährige, vollkommen in sich ruhend, von innen natürlich strahlend, so wie kleine Kinder das tun und doch so erwachsen – ein reifer Mensch eben.

Andrerseits – wie oft habe ich bisher ein elfjähriges Kind als ebenbürtig angesehen? Es so ernst wie einen Erwachsenen genommen? Sind es nicht wir Erwachsenen, die sie wie Kinder behandeln und klein und in gewissen Sinne dumm halten? Sind nicht wir es, die ihnen nichts zutrauen? Ich glaube, Malou hat mich mehr gelehrt, als ich ihr je lehren könnte!

Malou und Camille – möget ihr auf euern Weg durchs Leben immer gesegnet sein!

Am Nachmittag fahren wir mit dem offenen Touristenbus rund um die Insel. Links ist der Strand hinter den kleinen Dünen mit Strandbars und schönen Hotelanlagen. Im Pestana Porto Santo kann man sicher gut Urlaub machen! Am westlichen Ende liegt ein romantischer Strand mit Felsen, Steinen, Sand und kleinen Pools. Es geht zurück und diesmal fallen uns mehr die Villen und Häuschen auf der Landseite auf. Bald biegen wir links ab, hinauf auf den Berg, vorbei an weißen Häuschen mit Bougainvilleen, Hibiskus, Oleander, Kakteen, Strelitzen und anderen Blüten. Auf der Ebene oben liegen Felder, abgeteilt mit Steinmauern aus Lavastein, errichtet wohl auch, um das Wasser zu halten. Denn überall dort, wo keines ist, liegt Mutter Erde nackt und ungeschützt da, um nicht zu sagen: verletzt. Porto Santo war einst so dicht mit Drachenbäumen bewachsen, dass die Entdecker nicht mal an Land gehen konnten! So brachten sie Schweine mit, die erst mal das Unterholz begehbar machten. Heute ist die Insel blankgerodet und wird mühsamst wieder aufgeforstet und begrünt.

 

Der Flughafen mit modernsten Gebäude und Tower trennt die Insel in eine West- und eine Osthälfte. Mit dem Flughafen kam wohl auch ein gewisser Wohlstand hierher: Dort landen quasi die Euros, verborgen in den Taschen und Kreditkarten der Touristen.

Weiter geht es hinauf auf die Berge, in einen kleinen Pinienwals mit großartiger Aussicht. Es gibt eine Grillstation hier oben, am Samstagnachmittag treffen sich die Familien zum Picknick.

PS Pinien PS Picknick

Am Ende der Tour fahren wir zu den drei letzten Windmühlen am Berg über der Marina: Tief unter uns liegt Yemanja, in der Ferne lockt Madeira…

Marina Porto Santo

Marina Porto Santo

PS Windmühle PS Berg

Wir sind überrascht über dieses kleine, auf den ersten Blick so verletzt wirkende Stück Erde: Porto Santo ist entzückend! Und es ist eine Freude zu sehen, was Menschen bewirken können, wenn sie miteinander an einem Ziel arbeiten: Einen harmonischen Ort, an dem Menschen sich wohlfühlen können.

Auf Wiedersehen, Porto Santo, es war uns eine Freude, dich besucht zu haben!

 

*(Die Bäcker sind ein junges Paar aus Madeira, die Brötchen und Kuchen sind die besten seit wir Frankreich verlassen haben)

PS: Ich bin für viele Blickwinkel: Einen kritischeren BLick auf Porto Santo wirft die Crew der Chulugi hier.

26. September 2014
von Steffi
Keine Kommentare

Auf dem Weg nach Madeira – dritter bis fünfter Tag

Unser lockeres Nachtwachen-System bewährt sich: Da Tomy normalerweise vor mir einschläft, geht er um acht Uhr schlafen, ich halte Wache bis etwa ein Uhr, dann übernimmt Tomy bis er nicht mehr kann, meist so um zwischen vier und sechs. Ich bin dann wieder dran, bis er aufsteht, meist gegen acht. Jetzt dürft ihr nicht denken, dass ich während der Wachen auch wirklich wach bin: Sissi, die Windpilotin, oder Franz, der Autopilot steuern, während ich die Kunst des Kurzschlafes vervollkommne: 10 Minuten schlafen, aufstehen, Rundumblick, Kurskontrolle und auf dem AIS nachsehen, ob uns ein Schiff zu nahe kommen könnte. 10 Minuten weiterschlafen. Wenn ich mich zum Aufstehen quälen muss, kaum mehr richtig wach werde, hole ich Tomy. Den eventuell fehlenden Schlaf hole ich dann tagsüber nach.

Der Skipper hält sich mit Yoga fit

Der Skipper hält sich mit Yoga fit

Die dritte Nacht war allerdings nicht ganz so ruhig: Um halb elf musste ich Tomy wecken, weil der Wind zu schwach von hinten wehte und die relativ starken Wellen das Großsegel samt Baum trotz Bullenstander immer wieder knallen lies. Wir versuchten die Segelstellung und den Kurs anzupassen, doch es half nichts – Die Segel mussten runter, der Dieselwind musste her. Seit Mitternacht schnurrt also der Motor, tut brav seinen Dienst, mit 1800 Umdrehungen macht er zwischen viereinhalb und fünf Knoten.

Einschlafen bei brummenden Motor ist zugegebenermaßen nicht ganz einfach, schlafen bei schlagendem Baum und Segel ist allerdings unmöglich.

Morgens früh kam uns frontal ein Tanker entgegen, der jedoch ebenso wie all die anderen großen Schiffe, die unseren Kurs kreuzten, freundlichst darauf achtete uns in sicherem Abstand zu passieren. Als dann die Sonne aufging entdeckte ich in der mittlerweile recht ruhigen See – und noch weniger Wind – links hinter uns einen Stock am Horizont. Durch das Fernglas erkennen wir einen anderen Segler. Ob es einer der vier Franzosen ist, deren kurze und kryptische Funksprüche wir immer wieder auffangen?

Er bleibt den ganzen Tag am Horizont hinter uns.

Nachts überholt er uns, in weiter Ferne sehen wir noch ein zweites Licht kurz aufblinken. Dann, morgens früh dreht er nach Osten ab, auch der zweite bleibt verschwunden: Ein weiteres Mysterium – wohin will der? Nach Marokko? Auf diesem Kurs?

Und woher kommt dieser helle Lichtschein links vor uns? Dort ist laut Karte und Plotter nichts!

Die Nacht war ruhig, warm, mit immer weniger Wellen, einem tollen Sternenhimmel und funkelndem Plankton neben uns. Kurz vor der Dämmerung dann Land in Sicht, genauer das Licht des Leuchtturms von Porto Santo.

Mit den ersten Sonnenstrahlen tauchte auch die rauhe, zerklüftete Nordseite der Insel auf. Steil und fast ohne Vegetation fallen die Felsen ins Meer, menschliches Leben gibt es hier so gut wie nicht. Doch auf der Südseite liegt der lange Sandstrand von Porto Santo, dort in der Bucht liegt auch die kleine Marina. Es fand sich Platz für uns – nach 511 Seemeilen (ca. 950km) und 99 Stunden, also 4 Tage und 3 Stunden, Fahrt liegen wir wieder sicher im Hafen!

Ich freu mich auf eine durchgeschlafene Nacht in den Armen meines Skippers!

Porto Santo im Morgengrauen

Porto Santo im Morgengrauen

Yemanja in Porto Santo

Yemanja in Porto Santo