27. August 2014
von Steffi
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Figueira da Foz

“The best time to go overboard is two hours after high sea.”

Na, da wissen wir ja, was wir zu tun haben!

Vor lauter Freude, dass sich ein paar Unerschrockene bis zum Segelclub Associação Aveirense de Vela de Cruzeiro kommen, schenkte uns der Hafenmeister auch noch eine Clubfahne zum Abschied. Sie weht jetzt unter der TO-Flagge.

An seinen Rat gehalten haben wir uns nicht ganz – keiner ging baden. Und wir verließen den Anleger des Segelclubs in Aveiro schon eineinhalb Stunden nach Hochwasser Aveiro, als der Strom langsam zum Stillstand kam und bald darauf kippte. Immer schneller werdend schob er uns an den Leuchttürmen hinaus ins Meer. In der Einfahrt spielte das Wasser nur, doch draußen warfen uns die 2 m hohen Wellen ganz schön herum.

Ohne Wind, so dass uns kein Segel stabilisieren konnte.

“Das kann ja heiter werden, 7 Stunden durch 2m See zu motoren, noch dazu, wo wir nach dem Heimurlaub noch nicht wieder ganz seefest sind!”

Die Wellen beruhigten sich schnell, nur die Dünung blieb. Franz, der Autopilot steuerte, und ich konnte endlich schlafen. Ein gewisser Jemand hat nämlich nachts öfter mal auf der Jagd nach Mücken das Licht angedreht. Und heiß war es, konnte mich ja wegen der Mücken nicht abdecken. Wie die Mücken trotz Gitter den Weg zu uns finden? Keine Ahnung!

Jetzt sind wir in Figueira da Foz und suchen den namensgebenden Feigenbaum an der Flussmündung. Vergebens!

Wir holen besser Feigen vom Markt, dem einzigen Ort hier, der einen Besuch lohnt. Die einladende, hübsche Wasserfront lässt sich vom Schiff aus viel besser genießen.

Waterfront

Waterfront

Statt Feigen kauften wir Fisch. Angeboten wird, was im Meer schwimmt: Von winzig klein bis meterlang, flach oder bauchig, meist silbrig, doch auch mit roter Haut – eine beeindruckende Vielfalt! In Portugal wird Fisch gegessen, aber nicht gefangen. Angeblich ist der Großteil importiert, weil Portugals Fischereiflotte nicht groß und modern genug ist.

Aber was davon kaufen? Die Dame neben mir kauft einen flachen, runden Fisch, ich frage sie, wie sie ihn zubereitet: “A o forno.” In den Ofen stecken, das schaff ich auch nach einem langen Segeltag, noch dazu, wo die Marktfrau ihn für mich ausnimmt. Gegenüber erstehe ich bei zwei alten Damen, beide bucklig, beide auf ihren Füßen nicht mehr sicher stehend, ein knappes Kilo frischer Fisolen. Was das ist, liebe Nicht-Österreicher, dürft ihr googeln! Schmecken besonders gut mit Speck, aber ich mag sie am liebsten als Salat!

Markt in Figueíra da Foz

Markt in Figueíra da Foz

27. August 2014
von Steffi
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Coimbra

Es ist vielleicht etwas ungewöhnlich, mit dem Segelschiff die Welt zu bereisen, für uns ist es jedoch viel außergewöhnlicher öffentlich zu fahren. Das gehört zu den Horizont erweiternden, neuen Verhaltensweisen…

Der Zug von Aveiro nach Coimbra führt uns wieder vorbei an Maisfeldern und Eukalyptuswäldern. Ja wächst denn in Portugal gar nichts anderes? Die Frage stellten wir uns schon bei der Fahrt nach Porto. Wo kommt das viele Obst her, wo der Wein, woher die leckeren Oliven? Gerade gedacht, schon wechselt die Landwirtschaft: Die Felder sind jetzt klein, zerteilt, Gebüsch dazwischen, sind es wirklich Felder oder Kleingärten? In einem gehen zwei Bauern pflügend hinter einer Zugmaschine her – jawohl, von Hand pflügend! Die ersten Weinberge, auch klein, tauchen auf, auch Olivenhaine. Der Eukalyptus macht immer mehr Pinien und anderen Bäumen und Büschen Platz.
Verfallene Fabriken säumen die Bahnstrecke – Tomy nennt sie zerbombt. Doch nein, hier war schon lange kein Krieg, Portugal ist seit fast 30 Jahren in der EU. Was lief, was läuft in diesem schönen Land, mit diesen herzlichen, fleißigen und hilfsbereiten Menschen verkehrt?

Coimbra, einst Hauptstadt von Portugal, beherbergt eine der ältesten Universtäten Europas, 1290 wurde sie gegründet. Hoch oben am Berg trohnt sie, am besten zu bewundern vom Berg gegenüber, doch dafür waren wir zu müde. Unsere Besichtigungstour führte uns ja über altes Kopfsteinpflaster und viele Treppen hinauf und wieder hinunter.

Alte Kathedrale

Alte Kathedrale

Alte Universität

Alte Universität

Die Stadt selbst ähnelt dem, was wir bisher sahen: Auch wenn die schönen alten Häuser nicht so sehr verfallen sind wie anderswo, der Zahn der Zeit nagt! Wieder fügen die Bewohner so viel Charme wie möglich bei, diesmal ist eine der engen Gassen mit Häkeldeckchen überspannt.

Gehäkeltr Baldachin

Gehäkeltr Baldachin

Doch am interessanten ist jenes Viertel, in dem die Studenten wohnen, nur ein paar Schritte von den Touristenpfaden und doch Welten, entfernt. Jedes Zimmer oder jedes Stockwerk ist eine eigene Republik, auch diese Häuser werden dekoriert. Wie ernst soll frau die autonomen Marias do Loureiro oder die República Baco nehmen?

Studentenviertel

Studentenviertel

Coimbra is home of one of the oldest universities in Europe.

 

 

Aveiro

25. August 2014
von Steffi
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Aveiro

Der Wind pfeift durch Wanten und zerbrochene Fensterscheiben. Staub wirbelt durch die warme Luft, legt sich auf graubraune, vertrocknete Grasbüschel. Ein paar heruntergekommene Schiffe stehen herum, ein verrosteter Wasserturm, eine verfallene, mit Graffiti bemalte ehemalige Fischhalle. Zwei Menschen stehen sich einsam gegenüber, gehen langsam aufeinander zu, bleiben stehen – wer zückt zuerst die Waffe?

Fotoapparat oder Handy? Das Internet, das zu dem Anleger vor Aveiro gehört, funktioniert perfekt.

High Noon in Aveiro am Anleger A Vela

High Noon in Aveiro am Anleger A Vela

Es war gar nicht so einfach hierher zu kommen. Gestern haben wir verschlafen. Ich hab’ übersehen, dass der Wecker auf “wochentags” stand und gestern war Sonntag. Dafür weckte uns die Heulboje – ab 6 Uhr morgens verkündete sie Nebel. Ein Blick aus dem Fenster genügte – diesmal zu recht. Wir kuschelten uns aneinander in die warme Decke und beschlossen auszuschlafen. Wer will – und kann -schon bei Nebel segeln?

Heulboje

Heulboje

Heute früh standen wir rechtzeitig auf, waren mit den ersten Sonnenstrahlen draußen am Meer. Wieder müssen wir die Tiden und Wellen beachten, Portugals Häfen können nicht jederzeit angelaufen werden. Der Eingang in die Ria de Aveiro wird am besten um den Tidenhöchststand angefahren und bei möglichst wenig Welle.
Es ist gerade genug Wind, um die Oberfläche des Wassers leicht zu kräuseln. Hinter uns versinkt Povóa de Varzim wie in einem Traum sonnenerleuchtet im Dunst, vor uns ist der Slalomkurs zwischen den Fischerfähnchen eng gesteckt. Langweilig wird uns heute nicht. In der Ferne übt sich eine Delphinschule im Hochsprung. Auf Kanal 16 ruft jemand Ganescha – hoppla, den kennen wir doch! Kurze Zeit später funken auch wir mit Martin, der unterwegs nach Porto ist. Mal sehen, wo er uns einholt!

Die Küste neben uns ist flach wie das Meer, selbst die Fischerfähnchen scheinen höher zu sein. Die Ria de Aveiro, die sich dahinter erstreckt, ist ein riesiges, verästeltes Feuchtgebiet. Wunderschön blau und grün und friedlich lag sie unter uns, als wir von Porto nach Lissabon und später Richtung Heimat flogen.
Auch heute ist die Einfahrt ruhig und doch brodelt das Wasser – der mündende Fluss gegen die auflaufende Tide – fröhlich vor sich hin. Wir sind drin – ich hoffe das Wasser bleibt fröhlich, damit wir auch wieder raus kommen!

Brodelndes Wasser in der Einfahrt

Brodelndes Wasser in der Einfahrt

Mit knapp 9 Knoten bei 1800 Umdrehungen, so stark ist die Strömung, geht es vorbei am lebhaften Strand, an Hafeneinfahrten und der Ankerbucht São Jacinto, an Anglern und Anlegern für Frachtschiffe, an abgewrackten Viermastern und der Fischereiflotte, vorbei an aufgelassenen Salzfeldern, den Canal Principal do Navigação hinein bis zum gepflegten Anleger der Associação Aveirense de Vela de Cruzeiro vor Aveiro mit den Geister-Gebäuden dahinter.

Strand in der Einfahrt

Strand in der Einfahrt

Fragt sich nur, warum wir – äh, ich – unbedingt nach Aveiro wollten.
Die Neugier, die Neugier!
Aveiro gilt als das Venedig Portugals, das muss ich doch sehen!

Aveiro war einst eine blühende Fischerstadt, bis in einem Sturm im Jahre 1575 die Einfahrt versandete. Erst mehr als 200 Jahre später gelang der neuerliche Durchbruch. Die Stadt lebte von Salz und Algen, die als Dünger verwendet wurden, heute hat beides keine Bedeutung mehr. Industrie und Tourismus haben übernommen.

Die alten Kähne, in denen angeblich einst Muscheln eingeholt wurden und heute Touristen durch die drei Kanäle gefahren werden, ähneln Gondeln. Sie sind liebevoll und individuell, oft mit viel anzüglichem Humor bemalt. Es gibt wunderschöne, gut erhaltene Häuser – und gleich daneben heruntergekommene Wohnblocks, dann wieder liebevoll verzierte alte Hauser, von Unkraut überwuchert. Auf einer Straßenseite verführt ein exquisites Möbelhaus zum Kauf, gegenüber bröckeln die Azujelos von den Wänden, die Türen hängen schief in den Angeln. In Aveiro steht das schickste, modernste und hübscheste Einkaufzentrum, das wir bisher in Portugal gesehen haben. Direkt dahinter ist der Friedhof, mit alten Familiengruften, aber auch mit neuen. In den Gruften stehen die Särge in Regalen gestapelt, Blumen und Kerzen davor. Die modernen ähneln marmornen Wartehäuschen an Bushaltestellen – oder auch den Geschäften im Shopping Center davor…
Was trägt frau hier wohl zu Grabe?

Was jetzt Venedig und Aveiro außer ein paar gondelartigen Booten gemeinsam haben? Nicht viel…
Und doch möcht’ ich den Besuch hier nicht missen!

 

Aveiro is called Venico of Portugal, however they have not much in common, except the gondoliers. It still is quite nice and adventurous to get there.

24. August 2014
von Steffi
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Vila do Conde

Auto, Bahn, Bus, Flugzeug, Metro und unsere Füße bringen uns zurück zu Yemanja. Sie hat die Zeit ohne uns gut überstanden – wir sind froh sie wiederzusehen. Auf ihr, in ihr ist jetzt unser Platz. Gleich am Freitag werden Teile des Teakdecks mit dem mitgebrachten Spezialsilikon versiegelt. Es braucht lange um zu trocknen. Ein Paket, das wir geschickt hatten, ist da, das von Mutti mit der österreichischen Spezialverpflegung in quadratischen, rosa Packungen leider nicht. Es war angeblich nicht zustellbar und schmilzt jetzt in Spanien … Ein Packerl fehlt trotzdem noch, wir müssen also warten. Im Hafen rumsitzen macht keinen Spaß, also auf ins Abenteuer, wir haben ja Füße!

Deckreperatrur

Das Aquädukt Santa Clara, dessen 999 Bögen über 7 km zu einem guten Teil erhalten sind, zog mich schon beim Vorbeifahren mit der Metro in den Bann. Es ist beeindruckend, wirkt irgendwie fremd, wie es sich da durch Maisfelder, neben der Autobahn, über die Metro und hinter Wohnhäusern zum Kloster der Karmeliterinnen schlängelt. Weit ist es auch nicht dorthin, vielleicht 3 Kilometer, also schlendern wir los nach Vila do Conde.

Gleich um die Ecke kommt uns ein Leichenzug entgegen: Vorne weg drei Männer in weißen Umhängen tragen die Fahnen, der Klerus in roten Umhängen trägt die Kreuze, dann der Blumen geschmückte Leichenwagen, dahinter die trauernde Gemeinde, deren Leid sich irgendwie in Grenzen zu halten scheint.
Ich bin hin und weg: Ein Leichenzug – wie schön dass es so etwas noch gibt! Nichts tröstet mehr als eine anständige Leich*!

Vila do Conde beginnt eigentlich direkt südlich von der Marina und ist so etwas wie die schmucke kleine Schwester von Povóa de Varzim. Die Häuser sind neu, sauber gepflegt und modern – oder alt und gut gepflegt. Es gibt schicke Reihenhäuschen, deren Biederkeit die von deutschen Vorstadtsiedlungen in den Siebiger oder Achtzigerjahren weit übertrifft! Es ist eine hübsche kleine Stadt, mit romantischen kleinen Hafen, leider nur für Einheimische, eine kleine Altstadt, dem Karmeliterkloster, vielen Kirchen, von denen die ungewöhnlichste wie ein Schiff gebaut ist und natürlich dem Aquädukt.

 

Wir lassen die schicke Sushi-Bar am Hafen links liegen und besuchen die Feira Gastronomia, bei der Spezialitäten aus Portugal angeboten werden: Schinken, Chorizo, Käse, Honig, Wein und jede Menge Doçes – ohne süßes Gebäck läuft hier gar nichts! Wir essen Muscheln, trinken Wein, dann geht es den Strand entlang nach Hause.

Es riecht nach Herbst, auch hier in Portugal, trotz Sonne liegt etwas Scharfes, Kaltes in der Luft. “Schnee”, zieht Tomy mich lachend auf, und stimmt zu. Es wird früh dunkel abends, schon um halb neun.

Es wird Zeit, dass wir weiter in den Süden kommen.

* Beerdigung

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Car, train, bus, plane, metro and our feet take us back to Yemanja. She is perfectly ok and we are happy to see her again. Here we belong to, at least for now. Friday is spent by repairing the teak deck with special silicon, which we brought back. It takes a while to dry. On of the parcels we have sent is waiting for us, the one filled with those pinkish and square food packages which my Mum sent could not be delivered. It is now melting away in Spain.
Waiting for the other parcel is not much fun, but there is still stuff to see.

The aqueduct Santa Clara, whose 999 bows over 7km are mostly still well kept, did fascinate me when going by by Metro. It looks quite misplaced the way it winds through corn fields, next to the motorway, over the Metro and behind houses to the monastery of the Carmelites. It is not far away, maybe 3 km, so we walk to Vila do Conde.

Just around the corner we a funeral procession is coming towards us. Three men with white capes carry the flags, the clergy in red capes the crosses, then there is the car with the coffin, followed by the mourning community, which actually does not seem very sad.

I am thrilled – a funeral procession! Haven’t seen one for quite a while so I am delighted they still exist. A great funeral makes mourning so much easier!

Vila do Conde is right next to the marina, just a bit south. It is the neat little sister of Povóa de Varzim. Houses are new, well kept and modern, or old and well kept. There are posh rows of attached houses, which look more conservative than German suburbs ever did. It is a pretty little town, with a small yacht harbour for locals, an old town, the monastery, many churches – one looks like a wooden ship – and of course the aqueduct.

We stay away from the posh Sushi Bar overviewing the harbour and go back to the Feira Gastronomia, which offers specialties from all regions of Portugal, mainly gammon, chorizo, cheese, wine, honey and huge amounts of doçes – very sweet pasties are essential! We have mussels and wine, then we walk back home along the beach.

It smells like fall, even here in Portugal. Despite the sun there is something sharp and cold in the air. “Snow” says Tomy smiling, but he agrees. Darkness is coming around half past eight now.

It is time to head south!