11. Februar 2015
von Steffi
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Wie wir versteigert werden

Wir quälen uns um halb sieben aus den Federn, um halb acht geht die Fähre nach Santo Antão, der Insel nebenan. Nun haben wir zwar ein eigenes Schiff, doch gibt es auf Santo Antão keine Anlegemöglichkeit, nur eine einzige Ankerbucht vor einem abgeschiedenen Dorf – von dort aus könnten wir die Insel kaum erkunden. Außer unserer Rückfahrt haben wir nichts gebucht: Wir sind jetzt echte Rucksacktouristen.

Sunrise over Santo Antao

Sunrise over Santo Antao

Kaum verlassen wir das moderne Terminal in Porto Novo, stehen wir in einer Versteigerungshalle: Auf der Tribüne stehen die Händler, unter auf der Bühne zieht die Ware vorbei: Touristen.

Auction

Auction

Wir.

Wir werden an den am wenigsten verlangenden Aluguer-Fahrer verschachert, zumindest für die Fahrt nach Ponta do Sol.

Und was für eine Fahrt!

20 Kilometer Luftlinie sind es von Porto Novo bis Porta do Sol, auf der Straße vielleicht 40, gebraucht haben wir zwei Stunden, mit höchstens 35kmh!

Ein gepflasterter, gut befestigter Weg, gerade breit genug damit zwei schmale Autos aneinander vorbei können, windet sich hinauf in die kahlen, rotbraunen Berge. Grau verstaubte, niedrige Akazien drücken sich an den Wegesrand, darunter blühen gelbe Aloen. Wild zerfurcht sind die Schluchten. Je höher wir kommen, umso grüner und dichter werden die Akazien, bald gehen sie über in einen Eukalyptuswald. Erst dort oben stehen vereinzelt Häuser, die sich manchmal zu lockeren Ansammlungen gruppieren. Manche sind bunt angemalt, die meisten aber zementgrau und halbfertig. Bunt ist nur die Wäsche auf der Leine. Ziegen und Hühner laufen herum, auf mancher Weide stehen zwei Kühe. Esel warten angepflockt am Straßenrand auf ihren Einsatz.

Oben bleibt der Fahrer an der Cova de Paúl stehen: Unter uns liegt ein eingestürzter Krater mit Feldern und Weiden, dorthin wird uns eine der Wanderungen führen.

Der Weg, die Landschaft und die Straße bleiben spektakulär. Je weiter wir hinunter kommen, umso karger wird das Land, wieder türmen sich eindrucksvolle Bergrücken vor uns auf, durchzogen von tiefen Schluchten.

 

Es ist großartig! Marvailhoso! Wie gesegnet bin ich, dass ich dies sehen und erleben kann!

In Ponta do Sol lässt uns der Fahrer am Hafen aussteigen, wir zahlen knapp 9 Euro für die Fahrt. Im Hotel unserer Wahl ist kein Zimmer frei, obwohl wir eher den Eindruck haben, Madame passt unser Ansinnen gerade nicht in den Kram. Was den Tourismus angeht, ist Ponta do Sol fest in französischer Hand.

Daneben, im Por do Sol Arte fühlen wir uns sofort willkommen, die Dame lächelt freundlich, auch das Zimmer ist freundlich blau, einfach und sauber. Der Balkon liegt über der „Strandpromenade“, direkt vorm Meeresschwimmbecken. Von hier oben können wir gut das Treiben auf der Straße beobachten: In blaue Kittel gekleidete Mädchen, die fröhlich von der Schule nach Hause hüpfen; Männer beim Spiel; Hunde, in denen frau noch eine Rasse vermuten könnte, sie gehören durchaus zu bestimmten Familien ohne jedoch ins Haus zu dürfen; die Netze sortierende, fischende Dorfjugend; die heimkehrenden Fischerboote.

Near the harbour in Ponta do Sol

Near the harbour in Ponta do Sol

Wir beschließen, die Wanderung heute ausfallen zu lassen und zum Hafen zu gehen.

Gut so!

Welch‘ ein Spektakel ist die Heimkehr der Fischer!

coming home

coming home

Dem muss ich einen eigenen Artikel widmen, vermutlich im Sommer! Ich brauche Zeit, um all die Eindrücke zu verarbeiten, Berichte zu schreiben und zu posten und vor allem um die Fotos Blogtauglich zu machen.

Abends muss ich eine weiteres Vorurteil loslassen: Afrikanischstämmige Menschen haben nicht automatisch Rhythmus im Blut, sich elegant zu Musik zu bewegen, ist ihnen nicht in die Wiege gelegt: Am Fußballplatz der Grundschule wird für Karneval geprobt, die Trommeln toben. Die Vortänzerin schwingt ihren Hintern sehr eindrucksvoll, doch die farbigen Kinder bewegen sich so hölzern, wie es sonst nur Weiße können. Oder sie bleiben gleich stocksteif stehen.

Nur die Großmütter in der letzten Reihe haben sichtlich Spaß!

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Mindelo

10. Februar 2015
von Steffi
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Mindelo

Ich starre auf die schwarze Hand – Ist sie leer? Soll ich sie füllen? Ich sehe etwas glänzen, es könnte ein Ring sein. Oder Schweiß. Der Rhythmus der Trommeln zwingt förmlich zum Tanzen. Der Mann vor mir glänzt in seiner Schwärze in der dunklen Nacht. Schwarze Muskeln, nackter Oberkörper. Ohrgehänge und Bastrock. Weiß glänzen seine Augen, die mich selbstbewusst und stolz anblicken. Er bettelt nicht. Er fordert seinen Anteil.
Ich verstehe ihn nicht, ich will ihn nicht verstehen. Zu sehr fasziniert mich seine Authentizität.

Wir sind in Afrika. Oder im Karneval.

Irgendwie verwirrt mich der Typ und die anderen schwarzen, tanzenden Bastrockträger: Verkleiden sie sich als Eingeborene? Ist das ihre Tracht, ihr Dirndl? Würdigen sie so ihre Vorfahren, ihre Herkunft? Oder geht es nur um den Spaß?

Da passt etwas nicht in mein geordnetes Weltbild – und das ist gut so! Denn offensichtlich gibt es darin mehr Vorurteile als mir lieb sind! Und die dürfen gerne weichen!

Doch Mindelo überrascht mich noch mehr, es überrascht meine Sinne, die auf See doch eher darben.
Nein, es labt meine Sinne.

Wir lassen die Trommelgruppe weiterziehen und suchen ein Restaurant. Wir finden in der Dunkelheit dieses Sonntagabends nur eine Pizzeria. Und noch eine. Und noch eine. Die dritte nehmen wir, aus purer Verzweiflung: Wir haben Hunger.
Die Kellnerin fragt, in welcher Sprache wir die Karte wollen. „Portuguese!“ „Portuguese?“ Sie blickt uns ungläubig an, doch spricht sie von da an Portugiesisch mit uns – das war in Portugal unmöglich. In den Köpfen der sonst intelligenten Portugiesen existierten portugiesisch sprechende Ausländer nicht, sie antworteten immer auf Englisch. Oder Spanisch, was ich nun am wenigsten kann!
Ich esse gegrillten Fisch mit köstlichen Rosmarinkartoffeln, der Salat dazu haut mich um: Das Olivenöl darauf ist erstklassig!

Nachts ist die Stille so laut, dass ich davon kurz aufwache: Kein Wind heult, keine Welle schlägt, keine Fische knabbern am Schiffsrumpf, kein Hund bellt, kein Auto fährt!

Montagmorgen reisen wir offiziell auf den Kap Verden ein. Die Policia arbeitet entspannt, aber effizient und durchaus freundlich. Der junge Beamte der Policia Maritima hingegen ist sichtlich erfreut, dass wir portugiesisch sprechen. Wenn irgendetwas ist, wir sollen kommen, er hilft uns! Keine der beiden Institutionen interessiert sich für den Ausreisestempel der Kanaren, das Wort Visum wird nie erwähnt.

Überhaupt sind die Menschen sehr hilfsbereit: Kaum stolpere ich, hilft mir jemand auf, kaum fällt mir etwas runter, bückt sie einer neben mir, kaum sehen wir fragend um uns, bietet jemand Hilfe an. Dabei sind die Gesichter verschlossen, abweisend – so sehr uns die Züge und die Farbe der Menschen an Bahia erinnern, so fremd sind sie. Es fehlt das Lächeln, die Leichtigkeit des Seins, Allegria: Das Leben auf den Kap Verden ist hart. Vielleicht ist es auch die Stadt, die ihre Gesichter verschließt.

Am Straßenrand verkaufen die Frauen Bonbons einzeln aus großen Körben, manche bieten selbstgemachte, köstliche kleine Fisch- oder Käsepasteten an, Fingerfood von der Straße. Männer jeglichen Alters sitzen unter Bäumen im Schatten und verspielen leidenschaftlich das Leben: Kicker, Poker, Oril, ein afrikanisches Spiel. Straßenköterblonde Hunde, mit mehr oder weniger grau darin, alle gleich groß, alle gleich aussehend, dösen im Schatten, laufen mit eingezogenen Schwanz durch die Straßen. Mayan Terrier nennt meine Freundin diese „Rasse“, die alle Rassen beinhaltet und immer gleich unauffällig aussehende Hunde hervorbringt, in Guatemala genauso wie hier.

Bonbonverkäuferin

Bonbonverkäuferin

Vorbei an bunten Häusern und bunten Fischerbooten, schlendern wir zur Markthalle. Tief sauge ich den würzigen Duft der getrockneten Kräuter ein. Was wird meine Nase hier verwöhnt! Das Angebot an Obst und Gemüse ist groß, wenn auch nicht vielseitig: Zwiebeln, Karotten, Kartoffeln, Süßkartoffeln, Maniok, Tapioka, etwas Kraut, ein paar Kürbisse, grüne Paprika, viele Tomaten, Papaya, Gurken, eine Handvoll Ananas, Bananen, wenige Äpfel und Birnen, dazu Koriander, Petersilie und Minze.

Mindelo Belem

Boote Mindelo

Etwas hinter der Markthalle liegt der Praça Estrella. Auch hier ist Markt, Obst und Gemüse, aber auch Kleidung wird hier feilgeboten. Tomy fotografiert wie wild.

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Meine Mutter ruft an: „Lasst euch ja nicht einfallen, nach Afrika zu fahren!“
Amüsiert blicke ich um mich: Die Frauen hier sind pechschwarz, ihre langen Röcke bunt bedruckt. Eine Frau balanciert ein großes Bündel auf dem Kopf, die im roten, afrikanischen Kleid trägt ihre kleine Tochter attraktiv auf dem Rücken gebunden, Frauen, von exotischer Schönheit und zeitloser Würde, trotz oder wegen ihrer schmerzensreichen Geschichte.
„Mutti, ich BIN in Afrika!“

Mindleo Kind

Mindelo Junge

Many people from Cabo Verde live in the Netherlands

Many people from Cabo Verde live in the Netherlands

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9. Februar 2015
von Steffi
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Generalprobe bestanden!

Nach 8 Tagen, und vier Stunden legen wir glücklich in Mindelo auf den Cap Verden an. Wir sind in Afrika, Tomy zum ersten Mal in seinem Leben, ich war schon mal in Südafrika, aber das zählt nicht, ist zu europäisch!

Hinter uns liegen 924,5 Seemeilen, rund 1700 km, und jede Menge Erkenntnisse und Erfahrung:

-Fürs Umsetzen des Großsegels stimmt schon mal der Ablauf: Sissi, den Windpilot, auskuppeln, Segel ranholen, Bullenstander aus, Segel dicht holen, auf den anderen Bug schiften, Bullenstander dran, ausbaumen, Sissi einkuppeln und feinjustieren.

-Groß setzen und bergen geht auch immer besser, wir wissen mittlerweile beide, worauf es ankommt. Auf jeden Fall nicht ohne: „Halt das Schiff im Wind!“, weil das vergesse ich ja immer ;-)

-Mit dem Groß vorm Wind segeln: Wir wissen jetzt worauf es ankommt, zumindest unter den bisherigen Bedingungen. Das ist ein guter Anhaltspunkt.

-Vorm Wind braucht unser Schiff bei moderater Welle mindestens 13, besser 14 Knoten Wind, andernfalls fällt das Segel ein. Sprich: zwischen 10 und 14 ist Segelmordwind.

-Mit raumem Wind und leichter Welle reichen 10 Knoten. Bullenstander hilft, in den Wellen das Rigg zu schützen.

-ab 16 Knoten geht auch nur mit der Genua die Luzie ab – bei raumem Wind.

-Wir bekommen langsam ein Gefühl dafür, unter welchen Bedingungen, also der Kombination aus Wind und Welle, welches Segel und welche Größe für unser Schiff optimal sind.

-Trimmen… Wir werden besser…

-Kurs setzen: Glückssache, zumindest wenn frau das angesagte Wetter mit einbeziehen will. Siehe Wetter.

-Kurs halten: Tomy fährt lieber nach Kompass, ich lieber nach Kurslinie am Plotter. Nachts hilft manchmal gar nichts, nur Geduld und Konzentration. Siehe: nächtliches Kreisfahren.

-Wellen sind nicht gleich Wellen. Wenn im Wetterbericht zwei Meter angegeben sind, kann das viel heißen. Von kurz und steil bis zu langer Dünung. Das müssen wir noch studieren.

-Der Wetterbericht! Eine gute Richtlinie, mehr nicht. Weder Passageweather noch GribFiles sind letztendlich für spezielle Reviere genau genug. Und für allgemeine Revier sind sie genau das: Allgemein.

-Die Bedingungen auf See können sich verdammt schnell ändern! Und nicht immer zum Schlechteren!

-Bei der Anfahrt einer Insel/Land ist die Optik auf See täuschend und nicht mit Land zu vergleichen, je weiter weg umso schwieriger ist es.

-Wir werden uns zwar immer wieder neu an die Bewegungen des Schiffes gewöhnen müssen, die gute Nachricht ist: Wir tun es. Wir passen uns den Bewegungen an, wissen, unter welchen Bedingungen wir uns wo und wie zum Anziehen, Kochen oder Waschen hinstellen müssen. Auch an Deck, angeleint, versteht sich, werden wir sicherer.

-Wir kennen eine Unmenge von Geräuschen! So ein Schiff ist eine wahre Sinfonie!

-Die Verpflegung unterwegs war gut, unser schon auf La Gomera gekauftes Obst und Gemüse hielt gut, das französische Gemüse aus der Dose ist wirklich gut. Unsere Vorräte sind gut auf unseren Bedarf abgestimmt. Wirklich viel brauchen wir nicht.

-Kochen unterwegs ist gar nicht so schwierig!

-Vor dem Betätigen des Salzwasserhahnes diesen in die Spüle drehen!!!! Andernfalls droht eine Überschwemmung der Küche!

-Schlafen ist eine Herausforderung, doch es geht.

-Für eine Verbindung mit Sailmail muss ich den Standort eingeben ;-)

-Die Funkrunde um 14:30 hört uns nicht, wir sie schon. Was übersehen wir? Irgendeinen Fehler machen wir doch bestimmt!

-Delfine sind zauberhaft und immer willkommen!

Tomy after raising the Q-Flag before entering Cabo Verde

Tomy after raising the Q-Flag before entering Cabo Verde

8. Februar 2015
von Steffi
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Land in Sicht! 8.Tag T-CV

Nächtliches Kreisfahren ist unsere Königsdisziplin. Darin schlägt uns so schnell keiner! Tomy bekommt die Goldmedaille, ich Silber.

Wenn wir nachts von Hand steuern, sei es weil kein Wind ist und der Motor brummt, sei es, dass wir sie Segel umstellen, einholen oder setzen, gelingt es uns beiden immer wieder, orientierungslos im Kreis zu fahren. Wir starren wie das Karnickel auf die Schlange – die Instrumente – und drehen das Steuerrad garantiert in die falsche Richtung. Tomy, sonst mein wirklich toller Skipper, kann das noch besser als ich.

Woran das liegt weiß ich nicht, ich kann nur vermuten, dass wir uns tagsüber doch unbewusst an Wolken und Sonnenstand orientieren, während in der schwarzen Nacht alle Anhaltspunkte plötzlich fehlen.

Dabei kann Kurshalten wirklich easy und entspannt sein!

Holding the steering wheel inn position

Holding the steering wheel in position

Seit dem Gewitter schnurrte unser nordischer Tiger, der Volvo Penta wieder völlig entspannt. Gestern Morgen, Samstag, gesellten sich wieder ein paar Flecken-Delfine zu uns, dank des fehlenden Windes und geringem Wellenganges konnte ich zum Bug gehen und sie dort beobachten und filmen.

Wunderbar!

Dolphin playing wiht Yemanja at sunrise

Dolphin playing with Yemanja

Heute Morgen kam dann nochmals etwas Wind auf: 12, 13 Knoten – von der Seite! Das reicht! Schnell die Segel hoch und vier Stunden fein segeln: Geradeaus, ruhig, ohne Schaukeln, Hüpfen, Knarzen, Knarren oder Schlagen!

Jetzt sollten nur noch bald diese Inseln vor uns auftauchen…

8:00 Uhr: Land in Sicht! Fels im Wasser! Santo Antão voraus! Und links taucht Sao Vicente auf, dann Santa Luzia, Branco oder Razo und São Nicolau.

Ich bin begeistert: Wir haben die kleine Atlantiküberquerung in ein paar Stunden geschafft!

Jetzt muss ich meine Füße noch landfein machen. Denn…

 

Ich bin barfuß!

 

PS Den Film muss ich noch schneiden, er wird bestimmt toll, schaut also wieder hier vorbei, oder werdet Fan der Facebook Seite SailingWithYemanja, oder meldet euch zum Newsletter an, damit ihr ihn nicht versäumt!

6. Februar 2015
von Steffi
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Wetterleuchten 6. Tag T-CV

So, nun dürfen alle Orien-Tiere wieder aus dem Käfig!

Ob es was genützt hätte, sie einzusperren? Also im Ernstfall? Keine Ahnung!

Der heutige Tag (Freitag) verlief erst mal faul: So untätig habe ich meinen Seemann noch nie gesehen!

Wer uns aus dem Leben vor dem Boot kennt, weiß dass Tomy ständig in Bewegung ist. Noch nie hat er sich hingesetzt oder ausgeruht, solange ich noch etwas in der Küche oder sonst wo zu tun hatte: Tomy half immer, hatte immer etwas zu reparieren oder sah einfach, was ich oder andere brauchten und erledigte es für uns. Selbst die Gartenarbeit, die er so sehr hasst, tat er immer, wenn auch nicht immer gut gelaunt, wenn ich Hilfe brauchte. Daran hat sich natürlich nichts geändert.

Nur gibt es hier am Schiff nichts zu tun:

Sissi, die Windpilotin und zuverlässigstes Crewmitglied steuert, sie hält uns brav vorm Wind. Solange der aus Ostnordost kommt, so um die 15 Knoten Windstärke, rauschen wir dahin. Wir beobachten den Plotter, lesen, bereiten Essen zu, verdauen, waschen uns und die benutzten Küchengeräte. Für all das braucht man selbst auf einem extrem wackeligen Schiff keine 24 Stunden.

Also liegt mein Lieblingsseemann auf Deck und döst oder schläft.

Tomy sleeping on deck

Tomy sleeping on deck

Versteh‘ ich auch gut, denn unter Deck schlafen, war ihm diese Nacht bei dem Geschaukle, Geknarre und Getöse nicht möglich. Er hielt freiwillig lange Nachtwache, weil er an Deck, wo es leise ist, am besten schläft: Alle 20 Minuten Rundumblick und Kurskontrolle reichen ja nachts völlig. Ich hingegen konnte recht gut in der Leekoje schlafen, obwohl ich hie und da hochschreckte: Würde Yemanja kippen oder zerreißen?

Steffi sleeping inside a noisy ship

Steffi sleeping inside a noisy ship

Mittlerweile habe ich größte Hochachtung vor diesen Schiffskonstrukteuren: Die Kräfte, die an so einem Boot zerren, sind unglaublich! Noch unglaublicher ist, dass es das aushält!

Zurück zum faulen Nachmittag: Tomy schlief auf der Bank, ich döste am Cockpitboden. Aus einer Eingebung oder aus Bequemlichkeit heraus hatte ich keinen Brotteig fürs Abendessen vorbereitet. Da riss uns ein Windstoß aus unserer Lethargie: 30 Knoten! Voller Begeisterung stürzte Tomy zum Steuerrad: WIND!!!

Ein paar Tropfen Regen kamen hinzu. Wir rätselten:

 

„War das ein Squall? Hast du den kommen sehen?“

„Nein, der Himmel sieht wie immer dieser Tage aus! Nur links, siehst du das Wolkenband? Das gefällt mir nicht!“, antworte ich.

„Du meinst die Berge dort?“

„Also soweit im Osten sind wir nicht, dass da Berge sein könnten…!“

 

Der Himmel sah weiterhin in keinster Weise Besorgnis erregend aus, auch das Wolkenband war einfach nur ein etwas dünklerer Streifen in weiter Ferne. Es gab keine dunklen Wolkentürme, die Sonne schien, dazwischen ein paar grauere, größere Wolken. Der Wind schlief fast völlig ein.

Doch das Geräusch, das gelegentlich an unsere Ohren drang, war eindeutig Donner. Links, nicht oft. Blitze sahen wir gar keine. Wir legten das Segel auf den anderen Bug, um dem Wetter eher davonzufahren, sicher ist sicher.

Aber irgendwie war das Gewitter dann plötzlich um uns herum, immer noch ohne jegliche bedrohlich aussehenden Wolken. Nur vor uns war alles frei, dort schien die Sonne, eigentlich auch rechts von uns.

Der Donner, jetzt auch die Blitze kamen näher – nicht heftig, nicht oft, aber Grund genug, alle tragbaren Orien-Tier-ungshilfen, Handfunke, Yellow Brick, Garmin und mein iPhone, in den Faradayschen Käfig, den freien und kalten Backofen zu sperren!

Ob uns das im Falle eines Blitzeinschlags irgendwie geholfen hätte? GFK-Boote mögen das ja gar nicht!

Wir wissen es nicht. Wir haben das nur irgendwo als Tipp gelesen oder gehört, ich glaub’ beim Blauwasserseminar auf der BOOT von Sönke Röver.

Da! Ein Blitz, ein Kracher, rechts direkt neben uns, schwere Tropfen, wir flüchten ins Innere.

Und das war es dann mit diesem merkwürdigen Gewitter: Kein Wind, kein Regen, keine auffallend dunklen Wolken, über uns leuchtete blauer Himmel durchs Luk.

Das Gewitter zog in der Nacht gelegentlich blitzend nach Südosten ab, wir nahmen unseren alten Kurs wieder auf und warfen den Motor an. Der Wind ist seitdem weg. Und wir haben etwas zu tun: Steuern, denn Franz, der Autopilot, hat sich schon in den Kanaren in den Krankenstand begeben.