Menton
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Hättiwari

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Hättiwari: Hätt i mi anders entschieden war i jetzt…

Ja wo? Wer kann das schon wissen! Sicher ist, dass wir in den vergangenen Monaten einige Entscheidungen getroffen haben, die zu Frustration, Ärger, Enttäuschung und Stress führten.

Und zu einigen wundervollen Tagen, die vielleicht noch schöner gewesen wären. Oder auch gar nicht. Wie sage ich meinen Töchtern immer, wenn sie nicht wissen, was die richtige Entscheidung ist?

Wie auch immer du dich entscheidest, du sorgst einfach dafür, dass es die richtige Entscheidung war!

Als wir uns nach dem Bruch unseres Versorgungsmastes kurz nach dem Auslaufen von Antigua zu den Azoren vor fünf Jahren, dazu entschieden, unsere Yemanja huckepack nach Genua verschiffen zu lassen, dachten wir, wir würden das Mittelmeer erkunden. 2019 kamen uns zwei kleine Wunder dazwischen, die uns seitdem gemeinsam mit Cousins und Geschwistern immer wieder aufs Neue verzaubern. Wir haben Ligurien kennen und lieben gelernt, Freundschaften geschlossen, uns in Genua sehr wohl gefühlt. Es waren, auch bedingt durch Corona, wunderbare fünf Jahre!

Jetzt wollen wir nicht mehr. Das Mittelmeer ist weit, mir im Sommer zu heiß, die Anreise lästig, die Engelskinder sind bezaubernd und andere Abenteuer locken ebenfalls: Wir wollen zurück nach Holland.

Aber wie? Die Küste rauf geht wegen der Winde nicht, über die Azoren ist uns zu weit, außerdem mögen wir das Hochseesegeln nicht. Rhone und die Kanäle sind nach diesen trockenen Jahren eventuell nicht tief genug, verschiffen zu teuer, bleibt nur der LKW!

Der Plan war, Mitte April Genua zu verlassen und gemütlich bis Port Napoleon im Rhonedelta zu segeln. Dort sollte das Schiff dann von einer Spedition abgeholt und nach Monnikendam gebracht werden.

Am 14. April ging es los.

Wir wollen Genua verlassen

Wir kamen bis zur Hafenausfahrt, etwa eine Seemeile. Motoralarm. Kein Öl. Wir segelten zurück.

Der Ölkühler war kaputt. Kostet rund 2500 Euro, dauert mindestens eine Woche.

Der Schock saß tief, das Vertrauen ins Schiff war weg. Wir beschlossen, in Genua zu verladen, den Motor in Holland reparieren zu lassen.

Wir fuhren erst mal nach Hause. Ich war überglücklich, während der Tulpenblüte zu Hause zu sein, mit den Kindern zu grillen, bei ihnen zu sein! Hättiwari, es hatte so sein sollen! Dachte ich.

Leider dauerte es zwei Wochen bis wir den Preis für den Transport ab Genua erfuhren: das Doppelte von Frankreich!

Hättiwari!

Wir bestellten den Ölkühler und den Monteur und fuhren nach Genua. Wäre es möglich das Schiff von Menton zu holen? Da würden doch die teuren italienischen Genehmigungen entfallen? Die Spedition wollte prüfen.

Der kaputte Ölkühler

Am 15. Mai, der Ölkühler war getauscht, verabschiedeten wir uns wieder von Freunden und Bekannten in Genua. Diesmal kamen wir zwei Meilen weit! Wie Bruno, der Mechaniker in Genua, feststellte, war diesmal der innere Kühlkreislauf undicht, leicht zu reparieren, aber es verzögerte unsere Abreise erneut. Mittlerweile waren seit unser Anfrage für Menton gute zwei Wochen verstrichen, eine Zusage der Spedition hatten wir immer noch nicht. Wir beeilten uns also nach Menton zu kommen, dort Termine auszumachen, die unmittelbare Zufahrt zur Marina zu fotografieren, an die Spedition zu senden und unser Auto zu holen. So kam es, dass wir nach fünf Jahren endlich zur Yacht and Garden Ausstellung in der Marina Genova Aeroporto waren. So eine große Auswahl an Sukkulenten, fleischfressenden Pflanzen, Tillandsien und Hoya hab‘ ich noch nie gesehen! Ein absolut positiver Hättiwari-Moment: Hätten wir die frühe Abfahrt geschafft, wären wir zu diesem Zeitpunkt nicht in Genua gewesen und unser Schiff wäre keine Gärtnerei!

Menton ist übrigens ein sehr hübscher Ort!

Menton

Mittlerweile hatten wir einen Verladetermin von Menton für den 2. Juni, aber noch keinen Preis. Wir nutzten die Zeit, für einen Ausflug nach Eze, einem mittelalterlichen Dorf, links oben über Monaco. Es beherbergt einen der schönsten Gärten, die ich je gesehen habe!

Auch hier wachsen viele Sukkulenten und Kakteen, an jeder Biegung bietet sich ein neuer atemberaubender Ausblick über das Dorf und die Cote d’Azur. Wieder so ein schöner Hättiwari-Moment! Anders hätten wir das Auto ja erst von Port Napoleon aus geholt und Eze versäumt.

EZE

Hättiwari: Eze hätten wir mit dem ursprünglichen Pal verpasst.

Der Ausflug war allerdings auch sehr ernüchternd, was die Verladung betrifft: Die Bahnunterführung ist nur 3,70m hoch, die alternative Route würde an Mentons Strandrestaurants vorbei in Monaco auf die Autobahn führen – oder über Italien. Auch ein interessanter Hättiwari-Moment: Wie und wann hätte die Spedition das erfahren, wenn wir das Auto nicht frühzeitig geholt hätten?

Darauf wollten wir nicht länger warten, denn uns drängte die Zeit: Am 17. Juni feiert mein Bruder in Österreich seinen 75. Geburtstag, da wollte ich schon dabei sein. Ich habe auch einiges in Wien zu erledigen, und damit meine ich nicht mein Maturatreffen! Im Juli brauchen uns die Engelskinder, es sind ja sechs Wochen Ferien, aber nicht so lange Urlaub!

So warfen wir die Leinen los und stochten in drei Tagen, hauptsächlich unter Motor, 150 Meilen weit nach Port Napoleon. Am ersten Tag ging es vorbei an Monaco, Nizza, Antibes und Cannes, begleitet von Megayachten und Hubschraubern, Flugtaxis, die vom Flughafen Nizza nach Monaco flogen. Das ist nicht unsere Welt! Ja, vielleicht wäre es schön gewesen, Zeit zu haben, wenn wir den Motor gleich repariert hätten. Eine Nacht in Nizza, eine in Cannes, vielleicht zwei in Antibes, wo ich vor vielen Jahren zum Französisch lernen war – wäre schön gewesen, aber vielleicht auch nicht! Hättiwari!

Am zweiten Tag motorten wir von Plage Pampelonne bis zur Ile des Embiez. Das war ein sehr schöner Ankerplatz, an dem ich gerne länger geblieben wäre! Ja, ja, hätten wir den Motor sofort reparieren lassen… Aber auch so war der Platz ideal, um sich vom sanften Schaukeln im blauen Meer zu verabschieden.

Ile de Embiez

Mückenjäger

Port Napoleon/Camargue

Am späten Nachmittag des Pfingstsonntags legten wir in Port Napoleon an. Ich war überrascht! Ich hatte gedacht, wir wären dort von Industrie umgeben, aber nein, wenige Meter rechts von unserem Schiff beginnt die Camargue: Schwalben jagen die Mücken im Tiefflug, Frösche quaken uns in den Schlaf und Vogelgezwitscher weckt uns am Morgen. Bis –

Bis Tomy zwei Tage später mit dem Schiff zum Kran fuhr, um den Mast zu legen. Seitdem liegen wir neben dem Kran und kommen nicht weg.

Der Motor springt nicht an.

Fragt mich nicht, wie viele Hättiwari, oder Wärehätti-Albträume ich nicht zu denken wage: Wäre der Motor früher verreckt, hätt I… oder war i…?

Aber der Mast ist gelegt und morgen kommt der LKW!

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