13. Juni 2014
von Steffi
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Tidenstrom

Sanfter Wind, keine Welle, Sonnenschein – so hab ich mir den Einstieg ins Seglerleben bestellt. Was ich vergessen habe, ist, für günstigen Tidenstrom zu sorgen.

Nun gut, wir haben einiges gestern gelernt:

1. Hole dir den Rat von Einheimischen und integriere ihn in dein Wissen und deine Berechnungen. Tu dann das, was dir richtig erscheint. Denn niemand kennt dein Boot so gut wie du.

Wir hatten am Vortag den Marineiro gefragt, wann die günstigste Zeit sei, um nach Cherbourg abzulegen. Drei Stunden vor Hochwasser in Le Havre, also 8 Uhr morgens, war die Antwort. Dann hätten wir 7 Stunden den Tidenstrom mit uns. Wir waren nach unserem Ausflug nach Honfleur müde und rechneten nicht mehr nach. Dabei hatte ich in Erinnerung, dass wir früher los müssen, um den starken gegenläufigen Tidenstrom vor Cherbourg zu vermeiden. Sicher, wir hätten dann die Tide vorher gegen uns gehabt: mit vielleicht 1 Knoten, nicht mit bis zu 3!

2. Sissi arbeitet so gut wie Franz, allerdings braucht sie eine liebevolle, geschickte Hand.

Sissi?
Franz?
Woher die Neigung der Langzeitsegler kommt, ihre technischen Helfer mit Namen zu belegen, weiß ich nicht. Vielleicht fühlen sie sich so auf den Ozeanen der Welt weniger allein.
Franz jedenfalls war im Ersten Weltkrieg der Spitzname für die Navigatoren in Flugzeugen. Daher kommt auch das Wort “verfranzen” für verirren oder verfahren. Na und dem Franz steht halt die Sissi zur Seite…
So heißt also unser Autopilot, der steuert wenn der Motor läuft Franz, weil er stark und kräftig ist, auf Knopfdruck reagiert  und viel Energie braucht.
Der Windpilot, die anmutige, leichte Sissi hingegen steuert bei Wind. Sie richtig einzustellen braucht Geduld und Geschickt. Doch dann folgt sie zuverlässig ihrem Kurs.

3. Kaps mit unterschiedlichen Tiefen und Tidenströmungen sind kochende Hexenkessel, aber bei wenig Wind wenigstens nur lästig und faszinierend, aber nicht gefährlich.

Um von unten nach Cherbourg zu kommen muss man ums Eck. Und genau dort ist der größte Tidenstrom. Das Wasser kocht. Eigentlich toll. Nur mühselig zu steuern, selbst für Franz. Um einen Kurs von 264 Grad zu fahren, wirbelt es einmal nach 200° dann wieder nach 310°. Bei mehr Wind könnte das fatal werden. Also in Zukunft lieber weiter und außen rum fahren.

4. Bei 3,5  Beaufort und schiebender Tide fliegen wir mit über 8 Knoten übers Wasser. Ohne Wind und Gegenstrom von fast 3 Knoten braucht es einen kräftigen Motor für 1,9 Knoten.

5. Nachts in einen unbekannten Hafen zu fahren verlangt volle Aufmerksamkeit, selbst in heller Mondnacht. Cherbourg hat es sich noch dazu zur Aufgabe gemacht, rund um den Hafen jede Menge roter und grüner Lichter zu installieren. Welches sind nun die entsprechenden Einfahrten? Nun, wir haben sie gefunden! Zum ersten Mal alleine nachts einen Hafen angesteuert – bin stolz auf uns!

Rechts versinkt die Sonne rotglühend im Meer, links geht der Vollmond auf…

We learnt a lot yesterday!

1. Ask the advice of locals but integrate it to your knowledge. Nobody knows your boat as well as you do.

The day before we had asked in the Marian, what the best time to leave for Cherbourg would be. 3 hours before high water, was the answer. We would then have the tide with us for 7 hours. After our tour to Honfleur we were too tired to check and count and plan. However, we had looked at it before, so we kind of knew that we should leave earlier to have the tide with us just before Cherbourg. Yes, this would have meant to have it against us for longer before – but with 1 knots, not with 3.

2. Franz and Sissi are both working well, however Sissi needs a loving and skilled hand.

I have no clue, why long term sailors name their devices. Maybe they feel less lonely on the huge ocean.
Anyway, Franz used to be the nickname for the navigator on airplanes during World War I. So we named the strong autopilot steering when under engine Franz. He reacts immediately on pushing the buttons and needs lots of energy.
You may need to know, that there was an emperor called Franz in Austria and his wife was Empress Elisabeth, called Sissi. Romy Schneider got famous acting Sissi, everybody in Germany and Austria know this kitsch.
This is the reason why we called the wind pilot Sissi. It takes a while to adjust her, but then she is as reliable as Franz even in strong winds.

3. The water at a cap can be boiling, stay away! Luckily there was no wind and wave, so we were safe. Actually watching the water was pretty fascinating. Steering on the other hand was a challenge: To go 264 degrees, the needle went between 200° and 310°.

4.  With 3.5 Beaufort and tide from behind we fly over the water with 8.2 knots, without wind and tide against us with 1.9 knots. Luckily we have a strong engine.

5. Entering a port a night is a challenge, even when the moon is shining brightly. The many red and green lights around the harbor in Cherbourg added to it. But we made it. We can do it! I am proud.

The red sun setting to the right, the full moon rising to the left…

11. Juni 2014
von Steffi
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Le Havre – Honfleur

Heute war Wind, klar wir waren ja nicht draußen!

Seit wir 2009 auf unserem Weg in die Bretagne über den Pont de Normandie, die leichte und anmutige Brücke, die über die Seine schwebt, fuhren, will ich nach Honfleur. Das liegt nämlich direkt daneben, sein Name duftet nach Blumen…

So kam es, dass wir gestern eigentlich nach Honfleur segeln wollten, doch die Einfahrt ist bei Ebbe nur 40 cm tief, auch die Fahrt in der engen Seine ist eine Herausforderung. Tidenrechnung ist noch nicht unsere Stärke, unterwegs wurde uns doch mulmig. So kam es, dass wir nach Le Havre einbogen.

Am Abend schlenderten wir noch auf der Strandpromenade, mit vielen einladenden Restaurants und Sportstätten. Der Skateplatz ist einfach toll, so etwas fehlt in den meisten deutschen Städten. Und die Skater, Rollerbladefahrer und Rollerfahrer waren einfach urcool!

Heute waren wir neugierig auf die einzige Stadt des 20. Jahrhunderts, die Weltkulturerbe ist: Le Havre. Der trutzige, hohe Turm  der Kirche Sankt Josef dominiert das Panorama. Zugegeben, erst erkannten wir ihn gar nicht als Kirchturm. Das Bauwerk aus Beton und Glas beäugten wir etwas skeptisch – doch das Lichtspiel innen ist zauberhaft und der einzige Schmuck der kargen Kirche. 12768 Fenster in sieben Farben, orange, gelb, grün, violett, rot, grün und weiß, in 50 Abstufungen, von unten nach oben heller werdend, sind rundherum eingelassen. Der Architekt Perret schuf das Skelett aus Beton, den Zauber verlieh ihm Marguerite Huré, die Glaskünstlerin.

Die restlichen Gebäude und Ensembles, die auf den Trümmern des total zerbombten Ortes entstanden, erinnern uns beide abwechselnd an Russland, Tschechien oder Kroatien: Für uns sind das typische Ostblockbauten der 50iger Jahre. Sehr interessant, sie hier zu finden, geplant von einem französischen Architekten!

Am Nachmittag fuhren wir mit dem Bus nach Honfleur, natürlich über den Pont de Normandie! Ein tolles Bauwerk! Schon lange vor dessen Bau begeisterte der Ort Pissaro, Cézanne, Renoir und Claude Monet, er gilt als  der Geburtsort des Impressionismus. Seine alten Fachwerkhäuser schmiegen sich rund um den kleinen Yachthafen, klettern die Hügel hinauf und hinunter.

Pont  de Normandie

Pont de Normandie

Zurück am Hafen in Le Havre blieb mir beinahe das Herz stehen: Da war kein Wasser mehr! Stand unsere Yemanja etwa am Trockenen? Puh, nein, an den Stegen war genug Wasser.

Ebbe im Hafen von Le Havre

Ebbe im Hafen von Le Havre

I am too tired for a complete English version today! We visited the very impressing church of St. Joseph, with its massive tower: Made of concrete its 12768 windows in seven colors, shaded from dark to light add charm do its interior. While the building was planned by a man, the charm was added by Marguerite Huré, a glass artist.

The town was planned and built by Auguste Perret and is the only UNESCO heritage town built in the 20th century. It reminds us of the buildings in St. Petersburg and Croatia – quite interesting really.

In the afternoon we went to Honfleur: In 2009 we went over the Pont de Normandie on our way to Brittany and since then I wanted to visit this village next to it. The Pont the Nomandie is a very light and graceful bridge over the Seine. Honfleur, where Pissaro, Cézanne, Renoir and Claude Monet invented Impressionism, is a pretty little town.

Looking at the harbor when we returned was quite shocking: No more water! Well, almost!

9. Juni 2014
von Steffi
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Dieppe

“Segeln ist eigentlich langsames Motorbootfahren.” Diesen Satz des erfahrenen Seglers und Schwippschwagers Heinz habe ich seit unserer Abfahrt im Ohr. Denn der Wind war bisher  mau, das Meer  zwischen leicht bewegt bis glatt.

So hatten wir freie Sicht nach England und den Schiffsverkehr dazwischen. Ich war überrascht, wie nah Dover ist. Ein bisschen traurig bin ich schon, dass ich mein geliebtes England links, oder eigentlich steuerbord, liegen lasse. Aber die Winde, die in den nächsten Tagen wehen, wenn überhaupt, sind auf dieser Seite des Ärmelkanals günstiger. Außerdem gibt es ja auch hier vieles zu entdecken.

Auf dem Weg nach Calais konnten wir etwas segeln, auf dem Weg nach Dieppe die Fock zumindest unterstützend einsetzen. Besser wird es wohl auch in den nächsten Tagen nicht…

Dieppe, hinter einem Einschnitt in den Klippen gelegen, ist recht hübsch, mit einer alten Burg, einer kleinen Fußgängerzone, vielen Restaurants rund um den Hafen, und wunderschönen Villen hoch oben über den Klippen. Ich denke an Tante Gerda, kürzlich verstorben, und an ihren stereotypischen Satz der letzten Jahre:

“So schöne Häuser!”

Mit den Gedanken an Gerda, kommt mir Dorli in den Sinn. Die Rosenbüsche in den Gärten erinnern mich wieder an meine Freundin Bigi, und dann an Barbara und so geht es rund. Nicht dass ich sie vermisse, nein da ist einfach nur Liebe und Dankbarkeit für meine Freunde, die mich schon so lange durchs Leben begleiten.

Ich vermisse allerdings Lian. Diesmal nicht sein Lachen und seine Fröhlichkeit,  nein diesmal aus rein egoistischen Gründen: Mit ihm hätte ich eine Ausrede “Ringelspüh” zu fahren…

 

Im Hafen von Dieppe

Im Hafen von Dieppe

“Sailing actually means to travel slowly under engine.” I still remember these words from the experienced sailor Heinz, who happens to be the brother of my brother in law. There was not much wind till now, the sea was quite calm.

We had a good view of the coast around Dover and the traffic in between. I was a bit sad to leave my favorite country behind, but the wind, if any, will be better for us on this side of the Channel. Also there is a lot to explore over here as well.

We could sail a bit on our way to Calais  and also use the foresail as a support on the way to Dieppe. It won’t get much better the next days.

Dieppe is situated behind a cut in the cliffs. It is quite pretty, with an old castle, a nice pedestrian zone, lots of restaurants around the harbour, and old mansions on top of the cliffs. They remind me of the late Tante Gerda, who’s most important sentence in her last years was: “There are such pretty houses!”

With her, I remember Dorli. The rosebushes in the yards  remind me of my friend Bigi, then Barbara and so on. I am not missing them, but there is such a lot of love and gratefulness for my friends, who have been with me for a long time.

However I miss Lian. Not his laughter and his joyfulness, no this time I am very egoistic: He would be the perfect excuse to ride the carousel…

 

Calais

7. Juni 2014
von Steffi
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Calais

“Yemanja, Yemanja ijfndkv ndösh nfehi”

Die freundliche, klare und sehr sympathische Stimme einer jungen Frau tönt genau zu dem Zeitpunkt aus dem Funkgerät,  als ich mich frage, was denn die kleinen Flämmchen auf der Karte im Plotter bedeuten könnten.  Auf der gedruckten Version habe ich sie nämlich gänzlich übersehen!

“This is Yemanja, sorry I do not understand!”

“Yemanja, this is shooting range. What is your destination?”

“My destination is Calais!”

” We are shooting for four miles today. Can you change your course?”

“What course do you recommend?”

“300 degrees.”

“Okay, we go to 300 degrees.”

“Thanks for your cooperation. We will call you when you can go back on your course.”

Mit anderen Worte: Vor Nieuwport spielen die Belgier Krieg und wir müssen circa drei Meilen von unserem Kurs abweichen. Für die, die unseren Kurs verfolgen – daher die Ecke!

Im Ärmelkanal wird nicht nur scharf geschossen. Er ist voller Fähren, Containerschiffen, Bojen aller Art, Wracks,Windparks, Bohrinseln. Auf den Sandbänken vor Calais sind Fischfarmen oder Angler mit ihren kleinen Motorbötchen. Eine dieser Sandbänke ist für den Umweg vor Calais verantwortlich. Langweilig wird es draußen jedenfalls nie, weil es immer irgendetwas zu beobachten oder beachten gibt.

Calais ist eine blühende Stadt – im Gegensatz zu Oostende, trotz ähnlicher Ausgangsumstände. Überall sind Blumen! Die Franzosen verstehen etwas davon, sommerliche Blumenbeete und Gartenanlagen anzulegen. Die schönen alten Häuser sind auch hier den Bomben zum Opfer gefallen, doch sind die Neubauten – nicht schön, aber zumindest nicht grauenhaft. Calais ist immer noch ein sehr lebendiger Fährhafen: Etwa alle 20 Minuten kommt oder geht eine Fähre nach England, 30 Millionen Menschen und 1,7 Millionen LKWs queren hier jährlich den Ärmelkanal.

Ein wenig nervös war ich vor der Einfahrt schon: Mein Französisch ist doch schon sehr eingerostet! Wie sollte ich mit der Port Control kommunizieren? Doch auch hier wird Englisch gesprochen, ja es war mir eine besondere Freude zu hören, dass selbst die Franzosen hier Englisch miteinander reden, damit alle zuhörenden Schiffe, auch die Segler, wissen, wer wann wo anlegt oder ablegt.

Wir kamen pünktlich zum Öffnen der Brücke zur Marina, wurden von zwei Hafenmeistern in Empfang genommen, meldeten uns ordnungsgemäß an – auch hier ist Frankreich etwas anders gestrickt als Belgien, wo sich kein Mensch um dieses Schild kümmert:

Schengen

Freitag abends fahren die Menschen hier zum Quai, suchen sich einen Parkplatz mit Aussicht aufs Meer. Familien mit Kindern, junge Liebespaare, Damen gesetzten Alters, mit Hund oder Katze, alle sitzen sie im Auto und essen Eis, belegtes Baguette oder so etwas wie Krapfen aus der Friterie de la Nation, dem Büdchen am Strand. Sie halten ihren Kaffeeklatsch, streiten und küssen sich – ein Hauch von Leichtigkeit, von Savoir Vivre , schwebt über allen. Bienvenue a France!

Hotel de Ville

Hotel de Ville

“Yemanja, Yemanja ijfndkv ndösh nfehi”

The friendly, clear and very nice voice of a young woman comes from the VHF. I’ve just been asking myself why there are little red flames in the chart and what they could possibly mean.

“This is Yemanja, sorry I do not understand!”

“Yemanja, this is shooting range. What is your destination?”

“My destination is Calais!”

” We are shooting for four miles today. Can you change your course?”

“What course do you recommend?”

“300 degrees.”

“Okay, we go to 300 degrees.”

“Thanks for your cooperation. We will call you when you can go back on your course.”

In other words: In front of Nieuwport the Belgians still play war. And this was the reason for that first  hook in our track.

There’s not only shooting in the Channel, but lots of ferries, container vessels, wind parks, oil drilling, wrecks, bouys of any kind. On the banks in front of Calais there are fish farms and small fishing boats. Due to one of these banks we had to do that little detour before  entering Calais. Anyway it’s never boring out there, as there is always something to watch and to obey.

Calais is a thriving little town, in opposite to Oostende despite similar circumstances. There arhorriblee flowers everywhere. The French really know about gardening and summer bedding. The beautiful old houses were bombed down as well, but the new ones are – well, not pretty, but at least not horrible. Calais still is a very thriving ferry terminal:  Ferries leave and come in aprox. every 20 minutes. 30 million people and 1,7 lorries pass through here yearly.

I was a bit nervous  about entering the port: I lost most of my French – so how should I talk to port control? But they speak English here as well. Actually it was a special pleasure to listen to the French talking English to each other, so that all the sail ships understand as well what is going on in the port.

We arrived just in time for the opening of the bridge to the marina. We were welcomed by two harbor masters and had to register immediately with our papers. Quite different to Belgium where nobody cared about the Schengen sign!

Friday evenings people here drive to the quay and park with a good view of the sea. Families with kids, young lovers, elderly ladies, with dogs or cats, all are sitting in the car and eat ice cream, baguette or fried stuff from the Friterie de la Mer. They talk, fight or kiss, there is a flair of easiness in the air, of Savoir Vivre. Bienvenue a France![codepeople-post-map]