Salinas

5. November 2014
von Steffi
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Weißes Salz unterm schwarzen Vulkan

An La Palma fasziniert mich, dass das Land immer noch im Entstehen ist, durch Vulkanismus und Erosion, Geologie zum Zuschauen.

Sicher, letztendlich ist jede Landmasse durch Vulkanismus entstanden, auch die Alpen oder die Eifel. Und ja, auch dort geht Erosion weiter, doch so offensichtlich und schnell wie auf dieser verhältnismäßig jungen Insel nicht.

Oben in La Cumbrecita zeigen die Schautafeln recht genau, wie die Landschaftsformen entstehen. Doch eigentlich braucht es nur einen wachen Blick, einen Griff ans Gestein: Oft zerbröselt es unter den Fingern, es ist klar, dass schon nach dem nächsten Regen ein Stück mehr der Basaltwand, mitten im weichen Gestein, frei liegen wird. Hänge sind erst kürzlich abgerutscht, der nächste Riss ist schon sichtbar. Kleine Rinnsale graben sich bei Regen tief in den weichen Boden, werden breiter, waschen zu tiefen Schluchten aus: Nächstes Jahr sieht La Palma anders aus, ein wenig zumindest.

Wer weiß, vielleicht bricht auch ein Vulkan aus? La Palma ist die vulkanisch aktivste Insel der Kanaren, zwei Ausbrüche gab es in den letzten 65 Jahren. (Der letzte Vulkanausbruch auf den Kanaren war allerdings im Meer zwei Kilometer vor El Hierro im Jahr 2011). Die Spuren dieser Ausbrüche sind im Süden deutlich zu sehen. Dort, am Teneguía, waren wir zwar schon vor ein paar Tagen, doch heute zog es uns nochmal dorthin.

Erst mal verfahren wir uns: Plötzlich sind wir am Flughafen. Ich blicke rechts hinauf und muss fast schmunzeln: Aus der Südostseite La Palmas erheben sich kleine Vulkankegel wie Pickel im Gesicht eines Jünglings.

Dann, im Süden, unterhalb des Teneguía und San Antonio, beschleicht uns das Gefühl, an gerade erkalteter Lava vorbeizufahren: Schwarz, zerklüftet und bedrohlich ergießt sich der Strom in Richtung Meer. Nichts wächst darauf. Selbst die alten Lavaströme sind kaum bewachsen.

Lava

Lava

Beinahe hätten diese Ströme des Teneguía auch den Leuchtturm und die Salinen verschüttet. Im alten Leuchtturm ist eine Informationsstelle über die Meeresschutzzone an der Westseite der Insel untergebracht. Sie ist gut gemacht, der gezeigte Film ist wirklich interessant. Voller Wunder ist die Unterwasserwelt und so sehr bedroht von menschlicher Ignoranz, Gier und Achtlosigkeit!

Eindrucksvoll ist der Salzgarten, in denen dank der Subventionen der EU und mit Unterstützung der UNESCO „Sal Marina Teneguía“ in traditionellem Verfahren gewonnen wird. Wie rosa-weißer Schnee liegen die Salzbecken auf dem schwarzen Gestein. Die Farbe kommt von salzliebenden Algen und ist so intensiv, dass sie am Ende der Nahrungskette Flamingos rosa färbt.

Salzgarten

Wir fahren weiter Richtung Las Manchas, kilometerweit durch eingemauerte, von Schutzplanen bedeckten Bananenplantagen! Schluchten sind das, die wir entlangfahren! Hie und da geben sie den Blick frei auf die Lava, auf die sie gebaut sind: Wie wird aus diesem zerklüfteten Gestein bloß fruchtbarer, bewirtschaftbarer Boden? Unglaublich, was Menschen alles schaffen – im Guten und im Schlechten!

Bananenplantagen

Bananenplantagen

Doch am meisten beeindruckt mich die Bananenwaschanlage:

Washing bananas

Washing bananas

Den Tag beenden wir mit Tapas und einem Gläschen Rotwein in der Bodegon Tamanca, so etwas wie ein in den Fels gehauener Heurigen. Lecker war es!

Lauchtturm Fuencaliente und Salinas

Lauchtturm Fuencaliente und Salinas

4. November 2014
von Steffi
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La Cumbrecita

Heute konnten wir sehen, wo wir in den vergangenen Tagen herumgekraxelt sind.

Ein paar Tage haben wir noch vor unserer Genesungspause, bis dahin werden Tomys Gedärme von einer Bandage dort gehalten, wo sie hingehören. Das Wetter soll heute besser sein, also auf nach Las Tricias zu den Drachenbäumen.

Kaum kommen wir aus den Tunnel unter der Cumbre Vieja, strahlt die Sonne, kaum eine Wolke trübt den blauen Himmel. Ich blicke hinauf Richtung La Cumbrecita – der Blick in die Caldera de Taburiente ist frei.

„Tomy, halt an! Lass uns hinauf zur Aussichtsplatform La Cumbrecita fahren, der Blick ist heute frei, für die Drachenbäume brauchen wir nicht ganz so gutes Wetter.“

Tomy dreht an der nächsten Kreuzung, wir parken am Centro dos Visitantes. Eine Parkerlaubnis für La Cumbrecita haben wir nicht: Oben ist nur Platz für 16 Autos, die Genehmigung muss einen Tag vorher eingeholt werden. Doch es gibt ein Taxi hinauf.

Der Taxifahrer spricht deutliches Spanisch mit uns, wir spanisch ausgesprochenes Portugiesisch mit ihm. Kaum zu glauben: Damit können wir uns wunderbar über die Isla Bonita, unseren ersten Besuch hier und übers Segeln unterhalten.

Oben angekommen ist die Aussicht fantastisch: Nach Süden erstreckt sich die Cumbre Vieja, diesmal lässt sich die Wolkenkaskade immerhin erahnen. In der Ferne erhebt sich einsam der Pico Birigoye: Dort oben waren wir Wahnsinnigen? Wenn ich den vorher gesehen hätte…

Um die Sache klarzustellen: Vom Parkplatz El Pilar wanderten wir erst in Serpentinen auf den rechten Gipfel, dann über den Kamm, dann wieder in Serpentinen auf den Gipfel um dann links über den Abhang einen Weg durchs Geröll quasi wie ihm Tiefschnee hinabzufahren, besser zu stolpern, zu schlittern, irgendwie zu gehen.

Nach Norden ist der Blick in die Caldera de Taburiente frei. Atemberaubend! Dort, auf den Gipfeln gegenüber, waren wir vor ein paar Tage, blickten in die Tiefe und sahen – nichts!

Wir kletterten von der rechten Seite des Gipfels, der sich über der rechten Wolke befindet, innen an der Wand entlang auf den Gipfel zur Linken. Dort stehen die Teleskope und Weltraumspiegel. Noch weiter links ist der Roque dos Muchachos, doch dort waren wir mit dem Auto.

Wir spazieren durch den Kiefernwald von Aussichtspunkt zu Aussichtspunkt, lassen uns von den aufgestellten Info-Tafeln über Flora und Fauna und über die Entstehung der verschiedenen Landschaftsformationen belehren. Eine der Schautafeln klärt über die Schäden eines Sturmes auf: Mit 325km/h fegte der Wind im November 2005 über die Gipfel! Und hier wollen, nein müssen, wir unsere Yemanja alleine zurücklassen?

Wir werden sie gut festmachen und auf das Beste vertrauen!

Hinunter gehen wir zu Fuß:

Mit Genuss saugen wir den warmen Duft der Kiefernadeln auf – so riecht Urlaub! Im Tal geht der Kiefernwald in Felder über: Wein, Feigen, Mandelbäume und Kaktusfrüchte wachsen darin. Wir schlendern vorbei an dicht behangenen Orangenbäumen, nicht weniger üppigen Avocados. Wenig später steigt uns der würzige Duft von Fenchel in die Nase. Wir rätseln, warum einige der Terrassen nicht kultiviert sind – bis wir die Kuhfladen entdecken. Also hier weiden dann schon mal Kühe…

Mittlerweile ist der Himmel wolkenverhangen, La Cumbrecita nicht mehr zu sehen und sonst auch nicht viel. Es ist wieder grau und unwirtlich – schnell heim, aufs Schiff! Aber vorher gehen wir noch einkaufen…

 

3. November 2014
von Steffi
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Von schweren Lasten

Von einem Moment zum anderen ist alles anders, jeder Plan Schall und Rauch. Tomy hat sich langsam und schleichend einen Leistenbruch zugezogen. Gemerkt hat er nichts, er weiß ja auch nie, wo seine schwarz-blauen Flecken und blutigen Schrammen her kommen. Er merkt einfach erst, wenn ich ihn nach dem Kopf unter seinem Arm frage, dass da eine Guillotine war. Er geht auch davon aus, dass „was von allein kommt, auch wieder von allein geht.“ Im Grunde stimme ich dem zu, doch als er mir endlich im Stehen die Beule in der Leiste zeigt, ist sie so groß wie eine Männerfaust.

„Ich hab da manchmal so eine Beule, was kann das sein? Es gluckst darin.“
„Ein Leistenbruch, was sonst!“

Die Fotos im Internet erhärten meinen Verdacht.
Was tun?

Wir rufen den Trans-Ocean Stützpunktleiter in Santa Cruz, Benno Maßmann, an, mit der Frage, ob er uns einen Arzt empfehlen kann. Wenig später steht Benno mit einer Adresse und zwei Chayotes aus seinem Garten bei uns am Schiff. Er nimmt Tomy kurzerhand im Auto mit, um ihm zu zeigen, wo der Arzt ordiniert, morgen ab halb Zwölf. Danke, Benno, wenn frau einen Menschen braucht, brauchen wir Stützpunktleiter wie dich!

Dr. Kapser bestätigt heute Morgen die Diagnose, verschreibt Weichmacher für den Stuhl und eine Bandage. Und er bestätigt unsere Befürchtung: Tomy muss operiert werden und die Wunde gut verheilt sein, vorher können wir nicht weiter.

Und jetzt? Soll ich schreien, toben, vor Enttäuschung heulen?

Seltsamerweise sind wir beide völlig ruhig. Et kütt, wie et kütt und et is wie et is. Kölsches Grundgesetz. Unser Leben von jetzt auf gleich von unten nach oben umgekrempelt, haben wir auch schon oft genug, also was soll’s. Hauptsache Tomy wird gesund.
Den Besuch der Kap Verden werden wir sehr einschränken müssen, Gambia fällt somit sicher raus, beides ist enttäuschend. Nur nach Brasilien wollen wir. Doch vor Ende Januar wollten wir sowieso nicht über den großen Teich, wenn das klappt ist es gut, wenn nicht, treiben wir uns eben eine Saison auf den Kanaren herum. Ist dann eben so.

Zwei Stunden später ist der Flug mit Condor gebucht, der Liegeplatz hier reserviert und ein OP-Termin dank guter Freunde anvisiert.

Diejenige, die unter den neuen Umständen am meisten leidet, ist unsere jüngste Tochter: Sie wollte uns in zwei Wochen auf den Kap Verden besuchen. Jetzt hat sie die Wahl zwischen teurem Stornieren oder zwei Wochen alleine auf Sal zu verbringen. Außerdem werden wir während unseres Heimaufenthaltes quasi bei ihr wohnen.

Doch die Freude aller drei Töchter darüber, dass wir Weihnachten zu Hause sind, ist deutlich spürbar!

Und ich bin bass erstaunt, über das, was da in den Tiefen meines Herzens wohnt: Grenzenlose Erleichterung! Und schiere, pure Freude darüber, zwei Monate bei meinen Kindern zu sein. Sicher, sie fehlen mir, die ursprüngliche Aussicht, sie womöglich erst im Mai wieder zu sehen, lastete auf mir. Das wusste ich schon. Aber nicht wie sehr! Das weiß ich erst, seit diese Last weg ist.

Und Tomy? Dem geht es genauso!

Bleibt uns treu, liebe Freunde und Leser, noch sind wir hier, noch erzähle ich vom schönen La Palma und von daheim werde ich berichten, wie es mit Tomys Genesung weitergeht! Außerdem kommen wir wieder! Denn so sehr ich mich auf zu Hause freue, so sehr weiß ich, dass ich da nicht bleiben kann – der Ruf des Abenteuers ist zu stark !

Alte Apotheke in Santa Cruz de La Palma

Alte Apotheke in La Palma

Sachertorte

2. November 2014
von Steffi
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Deutsches La Palma

Ausruhen wollen wir heute, nicht viel unternehmen. Morgens weht eine steife Brise, Regenwolken ziehen heran. Wir fahren nach Puntagorda, genauer nach El Fayal, dort soll es am Sonntag einen Bauern- und Kunsthandwerkermarkt geben.

Der Parkplatz ist g’steckt voll, woher kommen die alle? Der Markt muss ja wirklich gut sein! Auffallend: Die meisten Menschen, die zurück zu ihrem Auto streben, halten offensichtlich ein Kuchentablett in der Hand.

Verkauft wird Gemüse vom eigenen Feld, Bio-Honig, selbstgekochte Marmelade, Käse von der Insel, Oliven, Wein, Schmuck, Keramik und Textilien. Es sind viele Menschen in der kleinen Markthalle, doch nur vor einer Theke hängt eine dicke Menschentraube: Vor den Tartas Alemanas des deutschen Konditors aus Puntagorda!

Auf La Palma leben etwa 85000 Menschen, davon 9% Ausländer, darunter rund 3000 Deutsche. Und die hinterlassen ihre Spuren: Es gibt einen Sparmarkt, einen Lidl, viele Geschäfte, Herbergen und Restaurants in deutscher Hand, es gibt deutsche Ärzte und Georg, den Zahnarzt.

Erinnert ihr euch? Georg und seine „Volker von Alzey“ trafen wir in A Coruna. Georg kann wunderbar Geschichten erzählen. Er war einst bei der Marine für die Navigation zuständig. Damals gab es noch kein GPS und keine Plotter, nur Sextanten, Chronometer und Stoppuhren. Zwei Matrosen mussten immer die Zeit stoppen. Eines Tages hielt ein Matrose in einer Hand die Uhr, in der anderen einen Apfel. Gedankenverloren warf er den Apfelstumpfen über Bord…
Von da an hatten sie nur mehr eine Stoppuhr und einen abgenagten Apfel zum Navigieren zur Verfügung.

So hab‘ ich die Geschichte in Erinnerung, gerne hätte ich sie nochmal gehört. Doch Georg ist diese Woche in Deutschland, ich konnte nur ein herzerfrischend nettes Telefongespräch mit seiner Frau führen. Die beiden haben eine Ferienfinca hier, wenn ihr also Lust auf gute Geschichten und nette Menschen auf La Palma habt, macht Urlaub auf ihrer Mandelbaumfinca.

Wir hatten jetzt die Qual der Wahl: Sachertorte? Ohne Schlag? Nein! Käsekuchen, gedeckter Apfelkuchen, Topfentorte oder Schwarzwälderkirsch? Ich entschied mich für Waldfrucht-Topfentorte, Tomy zog örtliches Trockengebäck, Kokosbusserln und Mandelplätzchen, vor.

Auf dem Rückweg fahren wir an Schildern vorbei, die da verkünden: Vollkornbrot, Naturkost, Strelitzenverkauf und Dachspezialist. Wir erhaschen einen Blick auf den Platz von Argual: Nicht nur, dass dort Flohmarkt ist, nein, er sieht einladend aus. Einmal auf den Platz sind wir in einer anderen Welt: Lehmig und ungepflastert, mit Palmen bestanden, wird er von kolonialer Architektur geformt. Mit wachsenden Erstaunen gehen wir über den Flohmarkt: Hier treffen sich Aussteiger aller Art, um ein paar Kreuzer für ihr Leben in der Fremde zu verdienen.

Argual

Argual

Die meisten Stände sind in der Hand von mehr oder weniger blonden deutschen Frauen jeden Alters:

„Festtag! Ich habe heute alle meine Basilikumpflanzen verkauft! Alle sechs!“ ruft eine junge Frau der Nachbarin zu.

LP 4 a

Zurück im Auto sinnieren Tomy und ich übers Aussteigen:

Wovon steigt man oder frau aus? Und wohin? Verlässt frau nicht eine Gemeinschaft mit den ihr eigenen Normen, Werten und „Uniformen“, um in eine andere einzutreten? Tragen die typischen Aussteiger nicht auf der ganzen Welt die gleichen Uniformen: Lange Haare, Rastas, bunte Tücher am Kopf, Pumphosen, lange Röcke, Tattoos?

Und was heißt das für uns? Wo hinaus und wo hinein sind wir gestiegen?

Wir leben in einer Blase, in der es um Wind und Ausrüstung geht, um Reparaturen und Einreisebestimmungen, um Häfen und Ankerplätze. Ebola, IS, Mindestlohn und Streiks sind nicht Teil dieser Blase, dringen kaum dahin vor. Auch nicht die neuesten technischen Geräte und Spielereien, keine Filme, keine Serien, nicht die neueste Mode und auch nicht der DAX, nicht mal Weihnachten. Und doch leben wir in der Welt, in der es das alles gibt, sind davon nicht unberührt.

Letztendlich werden wir alle von den gleichen Dingen bewegt: Von Angst und Freude, von der Notwendigkeit zu essen, zu schlafen, von Liebe und Verlust, vom Lachen und Weinen, von der Sorge für und der Sehnsucht nach unseren Liebsten, von der Sehnsucht nach Erfüllung und Selbstwert.

Mögen wir alle das finden, wonach wir uns sehnen! Wo auch immer.

LP 4

1. November 2014
von Steffi
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Nass-kalter Cumbre Vieja

Danke, mein Bedarf an Abenteuer ist für die nächsten Tage gedeckt! Morgen darf es etwas ruhiger sein…

Der Tag begann warm, richtig heiß war es morgens, laut Wetterbericht sollte heute der sonnigste Tag unserer Woche in Santa Cruz werden. Dennoch wurden wir ausgerechnet heute so nass wie die angeblichen Regentage zuvor nicht. Denn auf der Cumbre Vieja hängen die Wolken fest, die Kiefern filtern das Wasser aus der Luft: Es regnet! Auf diese Art und Weise gießt sich praktisch jeder Baum selbst.

Rain making pine trees

Rain making pine trees

Der Wald ist traumhaft schön, ruhig ist es heute, nicht viele wagten sich bisher hier hinauf. Wir folgen der gut ausgeschilderten großen Vulkanroute, der Ruta de los Volcones, die von der Caldera de Taburiente bis hinunter zum Teneguia führt. Auf den Pico Birigoyes und zum Hoyo Negro wollen wir.

Schon bald kommen wir zu einem Aussichtspunkt. Vor uns erstreckt sich die abgebrochene Kante der Cumbre Vieja, des alten Gipfels, aus dem immer wieder neue Vulkane emporsteigen. Über diese Kante fließen die Passatwolken wie ein Wasserfall, heute so gründlich, dass sie alles in ein dunkles Grau hüllen.

Weiter geht es bergan über Kiefernadeln, immer wieder durch kleine „Wasserfälle“ von mächtigen Kiefern fallend. Links erahnen wir vulkanische Höhen, rechts geht es in die Tiefe. Recht rund und weich sind die Hänge hier, nicht so zerrissen und zerklüftet, eher wie ein flacher, unregelmäßiger Zuckerhut, mit Asche und steinigem Hagelzucker überpudert.

Pine woods on vulcanic ash

Pine woods on vulcanic ash

Doch dann plötzlich, wachsen keine Kiefern mehr, auf dem Aschefeld duckt sich nur mehr niedriges Gestrüpp. Wir steigen flott bergan zum Krater des Hoyo Negro, der zuletzt 1949 ausbrach. Dabei pfeift der Wind, es ist kalt. Beinahe eisig kalt. Und feucht. Nicht nur die Kiefern, auch wir filtern mit Haut und Haar die Feuchtigkeit aus den Wolken. Zurück im schützenden Kiefernwald ist meine lila Jacke auf der Wind zugewandten Seite rauhreifweiß…
Na gut, gefroren war sie nicht, aber viel fehlte nicht!

Fog on top of the vulcano

Fog on top of the vulcano

Hoyo Negro crate from 1949

Hoyo Negro crate from 1949

Für ein paar Minuten reißen die Wolken auf: Die nebelig gespenstische Landschaft um den wild zerklüfteten Krater entschädigt wenigstens mich für die unangenehme Tour, Tomy besänftigt ein Packerl Mannerschnitten.

Waiting for the bus in vain

Waiting for the bus in vain

Gerne wäre ich noch zu dem nächsten Krater gegangen, aus ihm steigen immer noch gelegentlich Schwefeldämpfe auf. Doch das Wetter ist einfach zu unfreundlich. Wir kehren um, zurück zum Abzweig Richtung Pico Birigoye. Ein gewundener Pfad führt den Abhang über Geröll hinauf, Serpentine um Serpentine. Tomy murrt. Ich sag ihm, er soll es als Marathon-Training sehen. Wieder hören die Kiefern plötzlich auf, wir sind dem peitschendem Wind ausgesetzt. Geduckt, die Kapuze übern Kopf gezogen, wandern wir weiter. Bald stehen wir oben am Gipfel – der Blick über die Ostseite der Insel ist fantastisch!
Das glaube ich Dieter Schulze, dem Autor unseres Dumont Reiseführers La Palma, gerne. Wir sehen gerade mal 10 Meter im Umkreis, genug um zu wissen, dass es links und rechts über einen Geröllhang in die Tiefe geht.

Hier oben endet auch mein Vertrauen zu eben jenem Führer: Die Wegbeschreibung ist mehr als dürftig, Schilder fehlen nun ganz, die Sicht, die die Orientierung erleichtern könnte, fehlt erst recht. Zur Erinnerung: 10m, in besonderen Momenten 20m. Wir verlassen uns auf unseren Instinkt: Rechts muss der richtige Weg sein. Wieder geht es über einen windigen Kamm, dann in Schlangenlinien über Geröll abwärts. Hat hier ein Steintroll Tiefgeröllspuren im steinigen Schnee hinterlassen?

Nein, Herr Schulze, das ist kein „relativ leichter“ Weg, nicht hinauf und schon gar nicht hinunter, auch nicht bei strahlendem Sonnenschein!

Immerhin gelingt es mir hie und da einen Blick auf die Pflanzen um mich zu werfen: Wenn Ginster, Salbei und anderes Kraut blühen, muss es märchenhaft schön hier sein! Plötzlich führt der Weg durch ein Feld von herbstlich grün-goldenen Farnen – er ist auch jetzt märchenhaft schön!

Wir schlittern weiter über Kiefernadeln und Geröll hinunter bis zu einer Forstschneise. Ist der Weg links derjenige, der zurück zum Auto führt? Oder müssen wir die Schneise hinunter? Wir folgen kurz den Weg, doch er kommt uns falsch vor. Also die Schneise hinunter, am besten wäre jetzt ein Geröll-Schlitten…

Wir fühlen uns ziemlich verloren. Insgeheim denken wir wohl beide unsere Alternativen durch: Ein, zwei Stunden können wir den Parkplatz noch suchen, dann müssten wir den gleichen Weg zurück. Ob mein Handy hier funktioniert?

Doch wir finden einen Weg, der nach links geht, und siehe da, bald sind wir wieder am Grillplatz, wo unser Auto steht: 7 oder 8 große Grillhütten und Picknicktische stehen um einen großen Spielplatz, trotz des Nebels sind alle Hütten besetzt. Es qualmt und duftet, Frauen lachen, Kinder kreischen – hier möchte ich gerne mit meinen Kindern und Engelskindern grillen!