Martinique – wie Gott in Frankreich

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Was genau hat Martinique mit der Karibik gemeinsam? Gut, die Insel gehört zu den Kleinen Antillen, den Windward Islands, liegt also quasi mitten im Karibikbogen. Mit den anderen Inseln gemeinsam hat sie Flora, Fauna und Wetter.

Ansonsten ist sie völlig unkaribisch. Europäisch ist sie – fast, am ehesten aber: Französisch, was ja durchaus Europa vom Feinsten ist.

Die Straßen zwischen den größeren Orten sind gut, die Autos sind meist französische Fabrikate. In der Boulangerie und der Viennoiserie gibt es leckeres Baguette, Pain aux Chocolat, Croissant oder Eclairs, im Supermarkt herrlichen Käse in einfach göttlicher Auswahl, dazu Wurst, Fisch, Crevetten, Joghurt, Obst und Gemüse in schon lange nicht mehr geträumter Vielfalt, und das auch noch zu einem europäischen Preis. Der Carrefour in Genipa kann es mit jedem Carrefour in Bannkreis von Paris aufnehmen. Die Boutiquen davor lassen das Herz jedes modebewussten Menschen höher schlagen. Die Restaurants bieten endlich gute Küche, ebenfalls bezahlbar. Die Marina ist wohlorganisiert, es gibt die gesamte Bandbreite an Bootservice. Das ganze Flair erinnert viel mehr an eine warme Bretagne als an die Karibik.

Es ist also irgendwie seltsam hier!

Wir haben ein Auto gemietet und suchen jetzt die Karibik, oder auch das Besondere in Martinique.

Fort de France lassen wir diesmal aus, da waren wir ja schon mit dem Bus, bzw. mit der Fähre, als wir auf den Spuren meiner Freundin wandelten und Trois Ilets besuchten.

Auf der Fahrt in den Norden stolpert unser Blick über ein Schloss oder besser eine Kirche. Sacre Coeur de Martinique thront vor der dramatischen Kulisse der Pietons. Leider ist es unmöglich anzuhalten um ein Foto zu machen, das vor der Kirche gemachte wird dem Anblick einfach nicht gerecht!

Sacre Couer de Martinique in Balata

Kurz dahinter liegt einer der schönsten Gärten der Karibik: Jardin de Balata. Er wurde 1982 von dem Landschaftsgärtner und Poeten Jean-Philippe Thoze auf dem Anwesen seiner Großeltern angelegt. Und er verstand etwas von seinem Fach, die Liebe zu den Pflanzen ist an jeder Ecke sichtbar! Leider sind die Pflanzen nicht gut beschriftet, wir hätten doch besser den Audioguide nehmen sollen. Aber es ist auch so sehr schön! Besonders gut gefiel mir der Baumwipfelpfad – nicht allzu aufregend, aber doch nett wackelig!

Von St. Pierre, dem einstigen wirtschaftlichen Zentrum, das dem Ausbruch des Pelee zum Opfer fiel, hatte ich mir mehr erwartet. Klar, die Legende wird aufrechterhalten, nicht ganz zu Unrecht, Pelee schläft nur ein wenig. Doch von der einstigen Katastrophe sind nur ein paar Ruinen übrig – die auf die eine oder andere Art in jeder karibischen Stadt rumstehen. Da ist es also, das karibische Flair ;-) ! Vielen Seglern gefällt es hier sehr gut, ihr Blick ist wohl noch unverdorbener als meiner: Ich kann meinen üblichen Enthusiasmus nicht aufbringen. Noch dazu, wo Pelee sich in Wolken hüllt und wir keine Ahnung haben, wie hoch und dramatisch er jetzt wirklich aussieht! Meine geplanten Wanderungen auf und um den Berg fallen sowohl dem Wetter als auch meiner mich immer noch schwächenden Virusbekämpfung zum Opfer.

St. Pierre, Martinique

St. Pierre

Wir schauen noch die Küste hinauf und gelangen zu der Stelle, an der die letzten Kariben – ja was denn? Die einen sagen, Selbstmord begangen, die anderen sich geopfert haben. Es waren die letzten Schamanen und weisen Alten, Männer und Frauen, denen das Leben heilig war – sie hätten niemals Selbstmord begangen. Wurden sie ins Meer getrieben? Sie riefen Pelee um Rache an, der ließ sich fast 300 Jahre Zeit… Die Gedenkstelle ist voller Stelen, von denen ich annehme, dass sie karibischen Kunstwerken nachempfunden sind. Die Inschriften würdigen allerdings nicht ihre Weltanschauung, sondern stammen aus unserer Kultur – für mich ist das erneute Missachtung und Unterdrückung!

Erinnerung an die letzten Kariben in Martinique

Im Vulkanmuseum in Le Mourne-Rouge erfahren wir einiges über die Vulkane der Karibik, rund sechs mehr oder weniger aktive gibt es: Kick `em Jenny, der Unterwasservulkan über Grenada warzuletzt 2018 aktiv (Es machte Tomy wahnsinnig, dass ich mich weigerte darüber zu segeln und wir mühselig einige Schläge segeln mussten! ACHTUNG Kick ’em Jenny ist JETZT aktiv, März 2018); der Soufrière auf St. Vincent, der zuletzt Ende der 70er Jahre aktiv war; der Drive-In-Vulkan Soufrière in St. Lucia, der blubbernd Schwefeldämpfe in den Himmel schickt; Mont Pelee auf Martinique (Ausbrüche 1902 und 1929); der Soufrière auf Guadeloupe und der doch recht aktive Soufrière auf Montserrat: Der Süden der Insel ist immer noch Sperrgebiet. Und ja, sie haben alle den einfallsreichen Namen Soufrière – Schwefel!

Uns erstaunen die alten Fotos vom Hafen von St. Pierre: So viele große Schiffe, die da vor Anker liegen! Ja, es war ein wirtschaftliches Zentrum, das keiner leichtfertig aufgeben wollte. Warnungen vor einem Ausbruch gab es indes genug: Schon Tage vorher töteten Lavaströme Expeditionen und löschten ganze Plantagen aus, es roch nach Schwefel, Ascheregen legte sich auf lLe Precheur. Schlangen kamen aus ihren Höhlen, durch ihre Bisse starben einige Tiere und auch Menschen, auch die Ameisen brachten sich in Sicherheit. Ein selbsternannter Experte, ein Grundschullehrer, kam dennoch zu dem Schluss, dass keine Gefahr drohte. Der neue Gouverneur wollte ihm nur zu gerne glauben – wäre Pelee nach einer Evakuation ruhig geblieben hätte er seinen Hut nehmen müssen. So nahm er seinen Abschied.

Und doch – einer erkannte die unmittelbare Gefahr, ein Kapitän aus Neapel: „Wenn unser Vesuv so aussähe, wie euer Berg hier, würde ich abhauen!“ Das tat er auch, das Schiff nur halb beladen. Man drohte ihm mit dem Entzug des Kapitänspatents und anderen Strafen. Doch er lachte nur: „Wer soll die Strafen verhängen? Morgen seid ihr alle tot!“

Er sollte Recht behalten, wenn auch nicht am nächsten Tag. Der einzige Überlebende blieb ein wegen Mordes eingelochter Mann, der mit schweren Verbrennungen überlebte und später mit einem Zirkus herumfuhr.

Das meiste davon erfahre ich allerdings aus Wikipedia, denn die Tafeln im Museum sind leider alle auf Französisch. Allgemeine Information verstehe ich ja, aber spezifisch vulkanische eben nicht! Interessant ist noch, dass diese Katastrophe, die zwischen 30000 und 40000 Menschen das Leben kostete, den Beginn der modernen Vulkanforschung markierte. Das Vulkanobservatorium thront unübersehbar über St. Pierre. Allerdings macht es von der Nähe einen sehr verlassenen Eindruck – mein Leben möchte ich davon nicht abhängig wissen!

Vulkanobservatorium, St. Pierre, Martinique

Das Vulkanobservatorium in Martinique

Wir fahren weiter nach Macouba zur Destillerie JM. Die Gebäude sind außen recht modern, drinnen arbeitet immer noch die alte Dampfmaschine. Der Rundgang ist nett gemacht, immer wieder gibt es sprechende Bänke, die auf Knopfdruck etwas über den Zuckerrohranbau und die Rumbrennerei erzählen – auf Französisch natürlich. Nur eine Schautafel ist klar: Zuckerrohr ist eine chemische Fabrik, die aus Sonnenlicht und Kohlendioxid Sauerstoff und besonders viel Zucker herstellt! Zucker ist also quasi gespeicherte Sonnenenergie – deshalb schmeckt er wohl auch so gut! Weniger romantisch ausgedrückt heißt der Vorgang Photosynthese…

Natürlich kann man dort Rum kosten und kaufen, da die Mädels dort aber absolut kein Interesse haben, mit uns ins Geschäft zu kommen und weder die Crew der AKKA noch die der YEMANJA nach Rum lechzt, lassen wir es bleiben. Hübsche Flaschen hätten sie allerdings – wäre der einzige Kaufgrund für mich!

Wir fahren an der wilden Atlantikküste zurück. Wirklich schön wird sie erst im Süden, hinter Le Marin. Dorthin fahren wir am nächsten Tag mit Ernst und Anna-Maria von der GALATEA zum Wandern. Erst wollten wir an die Salinasbucht anschließen, doch dort waren die beiden schon, also suche ich einfach eine Stelle mit vielen Aussichtspunkten und finde Grande Macabou. Vom Parkplatz geht es nach rechts durch eine Macchia-ähnliche Landschaft voller Agaven, Kakteen und dornigen Gestrüpp. Später führt der Weg durch Mangroven und am Strand entlang zurück zu einer kleinen Kapelle in der Nähe des Parkplatzes. Immer wieder wird der Blick auf türkisfarbenes, wildes Meer frei. Hinter den Riffen segeln zwei Schiffe zwischen großen Flecken mit Saragossa-Algen: So schön die Küste hier ist, baden ist nicht! Wandern dafür umso mehr!

Abends gehen wir mit den Andrea & Andreas von der AKKA ins Zanzibar – ein sehr schönes Restaurant, nicht billig, aber gut! Gott in Frankreich eben – oder doch in der Karibik?

Eines verstehe ich jedenfalls jetzt: Wie leicht ist es, hier hängen zu bleiben! Mit all den kulinarischen Genüssen, den bezahlbaren Preisen, dem guten Internet in den Bars, den schönsten Stränden der Windward Islands (die allerdings die wenigstens Segler interessieren), der Sonne und vor allem der Gesellschaft: Hier trifft man sich wieder! Ganz schön schwer, da weiter zu ziehen…

Doch die nächste Hurrikansaison kommt bestimmt!

INFO Martinique

Autoverleih: Wir haben von Deutschland aus über billigermietwagen.de gebucht, es gibt allerdings zahllose Autoverleihfirmen. Im alten Marinagelände, in der Nähe der Mango-Bar gibt es auch einen Verleiher von Fun-Elektrofahrzeugen.

Sehenswert sind die Strände in St. Anne (Sie werden teilweise von Sammeltaxis angefahren), die Wanderung Grande Macabou, Fort de France, der Garten Balata, St. Pierre mit dem Science-Museum, der Destillerie Depaz, den Ruinen der alten Stadt, das Vulkanmuseum in Le Mourne-Rouge und die Destillerie JM in Macouba. Man hat uns auch Sainte-Luce empfohlen, das haben wir nicht mehr geschafft. Die Wanderungen in den Pietons und um den Mont Pelee sind bei schönem Wetter sicher auch toll.

Essen Le Marin

In Le Marin kann man gut im Zanzibar essen.

Kokoarum in der Marina hat gutes Internet und strohtrockene Burger, Salate sind allerdings lecker.

Im Le Sextant hinter dem Carrefour gibt es montags mittags Tartar.

Einkaufen

Leaderprice mit eigenem Dinghisteg und Carrefour sind gut.

Wer ein Auto hat, dem steht das Einkaufsparadies in Genipa (Centre Comercial) mit einem riesigen Carrefour und Boutiquen zur Verfügung.

Decathlon und Mr. Bricolage sind von der Straße nach Fort de France erkennbar und immer gut, wenn du Sportsachen oder Heimwerkerzeugs brauchst. Decathlon hat auch Solarlampen, die gerade in Domenica sehr gebraucht werden.

Und natürlich gibt es jede Menge Geschäfte und Service rund ums Schiff!

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