Wie wir mit dem Dinghi in Seenot geraten und jetzt vorm Amazonas sind

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Die Geschichte vom Dinghi muss ich noch erzaehlen, bevor es unten weiter zum Amazonas geht.

Um halb zwei, etwa bei halber einlaufender Flut, rudern wir an Land. Mit dem Motor fahren macht nicht viel Sinn, erstens weil es verdammt flach ist, zweitens weil der Motor das Teil ziemlich schwer macht und wir es weit den Strand hinaufschleppen muessen und drittens weil der Aunborder gerade sauber ist und wir dem brasilianischen Benzin nicht trauen.

Wir wollen in der Pousada zu Mittag essen. Aurdem wollen unsere Toechter um zwei Uhr dort anrufen. Ersteres klappt nicht, heute hat Renata, die junge Wirtin weder Gaeste noch Fisch, aber wir bestellen f morgen. Dann sollte auch die GALATEA da sein, vielleicht auch schon die PAPILLON II. Telefonieren funktioniert aber wunderbar.

Wie schoen es doch ist, die Stimmen meiner beiden liebsten Zwillinge zu hoeren! Ich hoere ihnen doch so gerne zu!

Und da biegt auch schon die GALATEA um die Ecke!

Wir gehen rueber in die kleine Bar, denn in der Pousada gibt es auch nichts zu trinken. Dort schauen wir Ernst und Anna Maria beim Ankern zu, kaufen einem hinreinden kleinen Mchen ein Eis ab und lutschen es zu unserem Nachmittagsbier. Schlieich, immer noch bei einlaufender Flut, machen wir uns auf zum Dinghi.

Ebb- und Flutstrom sind hier verdammt stark. Deshalb ziehen wir das Dinghi noch ein wenig den Strand entlang, um nicht so sehr gegen den Strom rudern zu muessen.

Nur leider nicht weit genug.

So sehr Tomy sich anstrengt, jeder nicht korrekt ausgefuehrte Schlag treibt uns wieder von YEMANJA weg. Eine Weile schafft er vier nach vorne, drei zurueck, aber irgendwann ist klar: Das errudert er nicht! Unser Schiff, so fest und sicher es vor Anker liegt, faehrt uns davon – so scheint es wenigstens.

Aber halt! Hinter uns liegt ja die GALATEA! Sie fischt uns einfach aus der Bucht!

Waehrend wir so dasitzen, ueber unsere Fahrt hierher schwadronieren, darueber spekulieren ob die etwas langsamere PAPILLON II wohl morgen ankommt und darauf warten, dass der Strom kippt und wir zurueck koennen – da biegt doch Walter um die Ecke!

Er geht laengseits zur GALATEA, kommt auf ein Willkommens-Schweppes rueber und zieht uns dann zurueck zu unserem Schiff.

Und still und heimlich schmunzle ich vor mich hin, denn ich bin mir ganz sicher: Die Bilder, die ihr jetzt nach meiner Erzlung von einer Pousada, einer Bar und einem kleinen Mchen, das Eis verkauft vor eurem geistigen Auge habt, haben mit der Wirklichkeit nicht viel gemein. Nicht mal dann, wenn ihr Brasilien recht gut kennt

Mittlerweile liegt unser Dinghi wieder gut verpackt unter Deck und wir tuempeln mit dem Schiff vor der Amazonasmuendung herum.

Der Abschied von Lencois fiel mir wieder mal nicht leicht: Der Ort fasziniert mich, ich haette gerne mehr ueber ihn und das Leben der Menschen dort erfahren, aber uns fehlen die Tage, die wir auf die Want gewartet haben. Du aber, freu dich schon mal auf den ausfuehrlichen Bericht und die Fotos von diesem schoenen und beeindruckenden Ort.

Jedenfalls verlassen wir und Walter mit der PAPILLON II am Dienstag kurz vor Slack, also dem Stillstand zwischen einlaufendem und auslaufendem Wasser, den Ankerplatz. GALATEA will noch ein paar Tage bleiben und die Winschen warten. Walter zieht es nach Surinam wo er vielleicht seinen Sohn trifft. Aber erst mal ist unser beider Schiffe Ziel die Illes de Salut, jene beruechtigten Gefaengnisinseln in Franzoesisch Guyana. Dort wollen wir einander wieder treffen und dann gemeinsam im Maroni-Fluss auf die GALATEA warten.

Aber erst mal muessen wir aus der Bucht von Lencois rauskreuzen, denn darauf steht der Wind. Nach vier Stunden koennen wir endlich Kurs auf die Illes de Salut nehmen. Der Wind pendelt sich anfangs um die 15 Knoten ein, wir kommen gut und sanft voran: Das Meer ist recht ruhig, was meinem Magen gut tut. Auch Tomy wird diesmal nicht seekrank. Das kann auch daran liegen, dass es am Ankerplatz genug schaukelte!
Am zweiten Tag verlaesst uns dann der Wind wieder f ein paar Stunden, und die rund 7 Knoten die er hat drehen sich auch noch im Kreis: Sie kommen zwar meist aus 100 bis 140 Grad, aber auch schon mal aus 77 oder 233! Mit rund 2 Knoten pro Stunde kommen wir voran und ich rechne mir schon aus, ob wir genug Wasser an Bord f weitere 10 Tage segeln haben!

Wir muessen ja wieder durch die Kalmen, also ueber den Aequator nach Norden, und da ist bekanntlich wenig und unberechenbarer Wind.

Vom beruehmten Brasilstrom merken wir auch nichts. Der sieht zwar auf Windity sehr eindrucksvoll aus, nur scheint er gerade ebenfalls ein wenig herumzuspielen. Das Wasserproblem stellt sich trotzdem nicht, weil der Wind nach drei oder vier Stunden wieder etwas anzieht – und wir ausserdem saemtliche Backskisten mit Flaschen vollgestopft haben.

Nachts habe ich wieder so eine Phase: Zwanzig Minuten kein Wind, die Segel schlagen, das Rigg zittert – ich hasse es.
Und dann ganz ploetzlich zieht der Wind an, geht auf 15 Knoten und bleibt f den Rest meiner Wache so. Erst denke ich an einen Squall, aber ueber mir strahlen Millionen Sterne, es ist keine Wolke zu sehen. Spaeter kommt der Mond, erst als tieforanger Ball, dann wird er zur hellen Laterne.
Auch heute ist tagsueber wenig Wind, zwischen 7 und 10 Knoten. Wir machen heute mehr Fahrt als gestern, bei sehr ruhigem Meer, immerhin fast vier Knoten – ob wir doch noch den Strom gefunden haben? Auch der Gezeitenstrom schiebt und zerrt an uns, hier 150 Meilen vor der Kueste, oder genauer der Muendung des Amazonas. Es ist nur rund 60 Meter tief hier, so sind auch viele Fischerboote hier draun.

Und jetzt schaun mer mal, ob ich Funkverbindung bekomme, bevor ich mich an die Zubereitung des Abendessens mache. Der Vorteil von wenig Wind ist eine ruhige Fahrt – so kommen wir doch noch ans Schlemmen und Geniessen der kleinen Leckereien! Schwarzwurzelsalat gibt es heute, den liebt Tomy.

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