Abschied von allen Heiligen in der Bucht

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Da dachten wir, wir könnten uns einfach so auf die Schnelle davonmachen, ab in den Norden, weg von der Magie Bahias, doch die Heiligen in der Bucht Todos os Santos wollten uns nicht ziehen lassen, ohne uns ihren Segen mit auf den Weg zu geben…

Bis Ende Juni wollten wir in Surinam sein, mit Bangen, ob wir dann auch all das Verlockende unterwegs sehen könnten. Manches andere verursachte uns bei dem Plan noch Kopfschmerzen das Naheliegende musste uns erst der Zufall einflüstern: „Bleibt, fahrt noch einmal mit der Chulugi durch die Bucht, verabschiedet euch anständig von allen. Und segelt dann eben nur bis Jacare hinter Recife. Im Herbst habt ihr dann genug Zeit für die Guyanas…“

Also änderten wir spontan unseren Plan!

Gemeinsam mit Joanna von der Chulugi und Jochen, den wir schon in Monnickendam kennen gelernt hatten, suchen wir die Baumkirche oder den Kirchenbaum auf Itaparica, finden anfangs aber nur das charmante Fischerdorf Baiacu auf der Innenseite der Insel: Packesel ziehen an uns vorbei, streunende Pferde suchen am Ufer nach Gras und nach Liebe (oder auch nur Trieben), Fischer flicken ihre Netze und die Winkelkrabben suchen vor uns Schutz unter den Hütten der Fischer. Eine Bierbude oder Barraca gibt es auch: Der Tag ist schon mal gerettet.

Bei der Rückfahrt zur Hauptstraße finden wir den Abzweig zur von Bäumen überwucherten Kirchenruine. Und kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus: Wie Angkor Wat ist sie von dicken Wurzeln und Lianen überwuchert, sie halten die letzten Mauerreste zusammen.

Baumkirche oder Kirchenbaum?

Baumkirche oder Kirchenbaum?

Kirchenruine auf Itaparica

Verwunschene Kirche

Itaparica-0159

Und doch wird sie noch sakral genutzt: Maria, Antonius, Cosmas und Damian, Georg, der Drachentöter und ein koketter Heiliger, der uns unbedingt seine am Oberschenkel tätowierte Rose zeigen will stehen in jeder Nische, umgeben von Kerzenwachs. Was genau hier verehrt wird, kann ich nicht sagen: Ogum oder der Heilige Georg, Ibeji oder Cosmas und Damian, Yemanja, Oxum oder Maria? Candomble oder Heiligenkult? Sie wünschen uns alle eine gute Reise…

Am nächsten Tag segeln wir mit schönstem Wind nur mit der Genua mit 7 Knoten in den Rio Paraguacu und hinauf nach Maragogipe. Dort nehmen Joanna und ich den Bus nach Sao Felix/Cachoeira: Nicht nur, dass ich ganz sicher bin, dass die Kunsthistorikerin diese Doppelstadt mögen wird, nein, sie möchte auch unbedingt die Christusstatuen in der Sakristei der Karmeliterkirche sehen. Denn sie sind etwas Besonderes.

Doch erst besuchen wir das Wohnhaus von Hansen Bahia, jenem Künstler aus Hamburg, der in Sao Felix seine Wirkungsstätte fand. Am Eingang zu seinem Haus begrüßt uns die Heilige Barbara, oder Iansa, die Kraft des Windes – Möge sie uns gewogen sein! In der Zigarrenfabrik Dannemann „pflanze“ ich ein paar Bäume im Mata Atlantica (atlantischer Regenwald) im Namen meiner beiden kleinen Engelchen. Dann gehen wir über die Brücke nach Cachoeira und ins Carmo: Die Christusfiguren, die vor Ostern in der Semana Santa in mehreren Prozessionen durch den Ort getragen werden wurden in Macao hergestellt: Der feingliedrige Jesus hat Schlitzaugen!

Chrstusstatuen in der Sakristei des Karmeliterklosters

Chrstusstatuen in der Sakristei des Karmeliterklosters

Wer im August nach Cachoeria kommt, darf die Feierlichkeiten und Prozessionen der Irmanidade de Boa Morte nicht versäumen: Die Schwesternschaft der Frau des Guten Todes ist die erste weibliche schwarze Widerstands oder auch Hilfsgemeinschaft Lateinamerikas. Sklavinnen, die für ihre guten Dienste mit Silberschmuck oder wertvollen Stoffen beschenkt wurden, kauften andere arme Sklavinnen frei, die in der Irmanidade einen guten Lebensabend verbringen konnten. Heute leben noch 25 Schwestern in Cachoeira, davon drei Novizinnen. Und natürlich sind ihre Zeremonien nicht rein katholisch…

Ein hübsches Rindvieh!

Ein hübsches Rindvieh!

Mit dem Segen von Hansen Bahias Jesus, Iansas, einer heiligen Kuh, des chinesischen Jesus und der Jungfrau des guten Endes suchen Joanna und ich die Bushaltestelle, nehmen dann aber doch ein Taxi zurück nach Maragogipe. Dort hatte Tomy eine Begegnung mit einem ganz anderen Gott:

Eine wunderschöne junge Boa c. constrictor, auf Deutsch Abgottschlange, hatte sich unter einem Fender versteckt! Wir vermuten, dass sie mit einem Stück Treibholz den Fluss herunter kam und auf unserem Schiff Schutz suchte. Tomy wusste zu dem Zeitpunkt nicht, was für eine Schlange das ist und ging davon aus, sie könne schwimmen, also warf er sie wieder ins Wasser – er versichert mir, dass sie schwimmend die Mangroven am Ufer erreichte.

Boa constrictor

Boa constrictor

Wir fahren weiter, diesmal durch nicht kartographierte Gewässer hinauf nach Sao Tiago de Iguape. Völlig ruhig liegen wir im Fluss vor diesem verschlafenen Fischerdorf. Wir warten auf die Flut, dann landen wir an, suchen uns ein schattiges Plätzchen neben einem Kreuz um zu grillen. Der Absperrhahn des Gasgrills klemmt, erst mit Hilfe der freundlichen Fischer und deren Werkzeug gelingt es Marcel und Tomy das Teil in Gang zu setzen. Bald geht die Sonne unter, die Jugendlichen des Dorfes toben im Wasser, Sao Tiago und Maria winken uns zum Abschied – schade, hier würde ich es noch eine Weile aushalten.

Vor Sao Francisco, dort waren wir schon mal, liegen wir in der Strömung des Flusses, lange nicht so ruhig, dafür sehr malerisch. Wieder müssen wir auf die Flut warten, um an Land zu können. Die Klosterruine schließt gerade als wir ankommen, doch der lokale Guide lässt sich überreden und öffnet nochmals für uns. Übrigens grüßen uns auch hier Ibeji und der kokette Heilige. Das Sundowner Bier trinken wir an der Bar im roten Container, mit Essen rechne ich nicht. Doch siehe da, ein paar Häuser weiter kocht und verkauft eine Dame ein köstliches Gericht aus Siri, einer Krebsart. Der heilige Franziskus meint es eindeutig gut mit uns.

Sao Francisco de Paraguacu

Sao Francisco

Die Palmen vor der kleinen Kapelle gegenüber der Insel im Fluss winken uns zum Abschied – den Guten Jesus von Bom Jesus und die neuen Graffitis in Madre de Dios (Muttergottes) lassen wir aus. Bonfim auch. Und … Ach es gibt zu viele Heilige hier!

Nur den Segen von Iemanja brauch ich noch – oder ich nehme sie mit?

Eine Iemanja, gemacht von meiner Freunidn Monika und unter Mühen zu mir gesandt

Eine Iemanja, gemacht von meiner Freunidn Monika und unter Mühen zu mir gesandt

Yemanja, Grafitti im Hafen von Salvador, Bahia

Ein neues Grafitti am Hafen: eine wunderschöne Yemanja!

Hier erzählen Joanna und Marcel von unserem Ausflug.

INFO

Baumkirche und Baiacu: Am besten in Itaparica zu mehreren ein Taxi für den ganzen Tag mieten; von der Hauptstraße über Itaparica geht ein Wegweiser nach Baiacu (Buchtseite) ab, auf der linken Seite kommt ein Teich, hinter der nächsten Kurve geht es links hinauf zur Kirche. Von Baiacu kommend sieht man sie. Abschließend könnte man an der Seeseite in Barra do Gil mit Blick auf Salvador in einer Strandbar einkehren (bis ca. 16:00)

Sao Felix/Cachoeira: Busse aus Maragogipe gehen um 8:30 nach Sao Felix, Fahrtzeit etwa eineinhalb Stunden, Fahrpreis 4,50 Reais. Für das Taxi zurück haben wir 10 Reais pro Person gezahlt.

Sehenswert in Sao Felix: Hansen Bahias Wohnhaus (Eintritt frei), Zigarrenfabrik Dannemann (Eintritt frei, von 12 bis 14:00 zu, auch montags geschlossen), Brücke über den Paraguacu und der Blick auf Cachoeira.

Sehenswert in Cachoeira: Irmanidade da Boa Morte, Eintritt 5 Reals, mittags geschlossen; Christusfiguren in der Sakristei des Carmo, Eingang links neben der Kirche, mittags geschlossen, Eintritt 5 Reals. Darüber hinaus ist Cachoeira einfach ein hübscher Ort.

Sao Tiago de Iguape: Geht durch nicht kartographierte Gewässer, am rechten (flussaufwärts) Uferrand halten, bei einlaufenden Wasser fahren. Kleine Geschäfte für den täglichen Bedarf, morgens fährt ein Gemüsewagen durch den Ort. Bar, kein Restaurant

Sao Francisco: Das Kloster sollte von 7:00 bis 16:00 geöffnet sein, bzw wenn seitlich die Gittertür offen ist. Wenn dann die Tür geradeaus zu ist, ist eine „Führung“ im Gange, und man muss warten. Kleine Geschäfte für den täglichen Bedarf, Bar, kein Restaurant. An der Bar im roten Container ganz rechts unter dem Baum lohnt es sich, nach Essen (Comida) zu fragen.

 

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