8. Juli 2012
von Steffi
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Verpatzte Schiffstaufe

Bestechung für die Meeresgöttin

Bestechung für die Meeresgöttin

Die Fähigkeit über mich selbst zu lachen, konnte ich ja während unserer vielen Auslandsaufenthalte schon trainieren: Wir lebten in England, Brasilien und Russland, na, und für mich ist auch Deutschland Ausland, komme ich doch aus Österreich. Auch davon wird sicher noch die Rede sein.

Heute jedenfalls, genauer gestern, waren unsere Kinder zum ersten Mal alle mit an Bord: Melanie, unsere Älteste, 29 Jahre alt und ihr Mann Thomas, Laura und Melisa, die Zwillinge, 27 Jahre alt. Gemeinsam fuhren wir raus ins Markermeer, wo Thomas unter Tomys Anleitung das Steuer übernahm. Laura und ihr Freund Philipp waren schon zu Pfingsten hier, mit Philipp am Steuer segelten wir damals auch im Markermeer vor Volendam und hinter Marken.

Eigentlich wollten wir an diesem Wochenende mit unseren Kindern das Schiff taufen. Doch erstens bekamen wir den alten Namen nicht abgekratzt (einen Schaber hatten wir vergessen) und zweitens seitlich nicht so an die Bordwand, dass wir den Namen hätten ankleben können. Also tröpfelten wir etwas Sekt – rosa, Yemanja mag diese Farbe – aufs Vorschiff, Tomy sprach die magischen Worte: „Ich taufe dich auf den Namen Yemanja“, küsste mich und Melanie fotografierte. Dann stießen wir alle an.

Die Mädchen rührten mich zu Tränen, denn als Geschenk überreichten sie uns ein liebevoll geschmücktes Körbchen mit Opfergaben für Yemanja: Schmuck, getrocknete Blüten, Parfüm, rosa und lila Bonfim Bändchen.

„Damit ihr Yemanja bestechen könnt, wenn ihr jemals in Seenot geratet!“

Am Heck prangt derweil immer noch „Minimoa“ mit halben M.

8. Juni 2012
von Steffi
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Die Göttin ist mit uns

Die Göttin ist mit uns!

Ja, ja, ich könnte die Tatsache, dass wir ein hochseetüchtiges Segelboot haben, auch weniger dramatisch ausdrücken!

Falsch ist es nicht:

Unser Schiff ist eine 23 Jahre alte Aphrodite 36. Außerdem wird sie nach der brasilianischen Meeresgöttin Yemanja heißen.

Die Schiffe der Werft Aphrodite ähneln einer Hallberg Rassy oder einer Najad. Tomy träumte immer von einer alten HR: Ihre Schönheit und ihre Qualität sind einfach unübertroffen, gleiches bieten nur Najads oder eben die Aphrodites. Eine Najad ist schwer zu bekommen, HR gibt es recht viele auf dem Markt, doch meist sind sie teuer und die Raumaufteilung ist nicht ideal.

Heute sind wir zum dritten Mal auf unserem Schiff. Anfangs, gleich nach der Übergabe, war alles so fremd! Es war einfach nicht unser Boot, nicht meines, da war so viel Fremdes an Bord!

Doch mit jedem Schapp, das wir entrümpeln und säubern, mit jedem Teil, das wir von Staub befreien, wegwerfen oder durch eigenes ersetzen, nimmt es unsere Schwingungen an, wird es unser Heim – vielleicht einmal für sehr lange Zeit!

Nun, bevor hier ein falscher Eindruck entsteht: Wir kauften ein eignergepflegtes Boot, mit Pott und Pann. Auf gut deutsch soll das heißen: Der Eigner war ein Bastler und hat alles selbst gemacht, außerdem muss es erst mal entrümpelt werden.

In unserem Fall heißt das: Die Eigner liebten ihr Boot, sie pflegten es sorgfältigst, hielten es peinlichst sauber. Sie statteten es mit unzähligen, erstklassigen Extras aus, was auch immer sie selbst einbauten oder einbauen ließen, ist fachmännisch gemacht. Immer wieder staunen wir über Kleinigkeiten, an die wir nie gedacht hätten, die aber den Komfort an Bord ungemein erhöhen. Ja, entrümpeln mussten wir schon auch: Seekarten, zum Beispiel, aus dem vorigen Jahrhundert. Doch die Wahrheit ist: Der überwiegende Teil der Ausrüstung ist fast neu bis neu und von bester Qualität. Allein das Werkzeug an Bord ist es wert, dass wir mehr bezahlt haben, als ursprünglich in unserem Budget veranschlagt.

Danke!

Unsere Freunde sind beeindruckt von der Größe unserer Yacht. Möglich, dass sie auf den Fotos größer aussieht, als sie ist. Mir jedenfalls klingt das Wort „Yacht“ ein bisschen hochgestochen, für mich ist es immer noch ein Boot, oder meinetwegen ein Schiff. Doch ich muss zugeben: Ein Schiff ist ein Symbol für Reichtum und Freiheit.

Reichtum? Freiheit?

Wir haben jetzt die Freiheit, zu wählen: Dienen wir den Mücken als Nahrung, oder schmoren wir sie mit der elektrischen Fliegenklappe? Gehen wir auf die eher unbequeme Bordtoilette oder 100m bis zur Toilette mit Campingplatzflair in der Marina?

Jedes Mal, wenn ich Teller aus dem Schapp nehmen will, muss ich erst die Gewürze zur Seite räumen, denn Platz ist knapp. Will ich an meinen Kleiderschrank, muss ich erst die Tür der Kajüte schließen, brauche ich etwas aus den Backskisten, muss ich erst Polster oder Matratzen zur Seite legen. Die Duschen in der Marina sind sauber, aber dennoch öffentlich, wie auf dem Campingplatz oder im Schwimmbad eben. Das Spülbecken ist winzig, nach dem Abwasch steht die halbe Kombüse unter Wasser…

Ich merke schon: Ohne meine Fähigkeit, mich selbst nicht immer ernst zu nehmen, wird das nichts!

5. Mai 2012
von Steffi
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Langsam tasten wir uns heran

Wie beginnt eine lange Segelreise? Oder genauer: eine Weltumsegelung?

Mit dem Ablegen? Der Ausrüstung? Dem Kauf des Bootes?

Oder mit Träumen?

Wir alle haben Träume, manche verwirklichen wir, manche nicht. Wobei: Ist ein Traum erst dann verwirklicht, wenn er vollendet ist? Wann ist er vollendet?

Wir sind gerade im Irgendwo zwischen Träumen und Verwirklichen. Soll heißen: Wir machen einen Schritt nach dem anderen: Doch ob wir wirklich eines Tages die Leinen für lange Zeit losmachen, ob wir je ankommen und sagen „Wir haben die Welt umsegelt!“ oder ob wir das Markermeer nie verlassen: Wer kann das schon ahnen?

Langsam tasten wir uns heran…

Wir, das sind Tomy und Steffi.

Tomy ist beim Schreiben dieser Zeilen im Jahre 2012 58 Jahre alt, er steht kurz vorm inaktiven Teil der Altersteilzeit. Er lernte in seiner Jugend segeln, segelte immer wieder, mit einer Jolle, küstennah, und mit einer Yacht, binnen.

Seit wann er davon träumt, die Welt zu umsegeln? Ich weiß es nicht – lange schon.

Früher hat mir das Angst gemacht. Mir, das ist Steffi. Ich konnte mich mit dem Segeln nicht anfreunden: Segeln bedeutete Nässe, Wind und somit frieren für mich. Ich bin eine Frostbeule. Bei 18 Grad und Windstärke 3 brauche ich lange Unterwäsche und mindestens 5 Zwiebelschalen um meinen Oberkörper. Dennoch bin ich nach einer Stunde unterkühlt. Segeln bedeutete früher auch: Mein Mann, also Tomy, und sein Vater holen das Letzte aus „Vatters“ Bavaria, während ich versuche mich irgendwo zu verkeilen, damit ich und schon gar nicht das Kleinkind in meinen Armen über Bord gehen. Vielleicht hätte er es sanfter angehen sollen, dann hätte ich mich nicht irgendwann dem Segelsport verweigert. Aber wer weiß das schon?

Tomy jedenfalls träumt schon lange von einer Weltumsegelung, ich habe lange, lange von einem Haus am Meer, mit einem üppig blühenden Garten, von Festen mit meinen  Kindern und meiner Familie geträumt. Sein Traum machte mir Angst, meiner ihm auch. Damals lebten wir beide im Mangel, mehr nebeneinander als miteinander…

Heute leben wir wieder in großer Freude und Zuneigung miteinander und träumen und arbeiten gemeinsam. Wir leben in der Gewissheit, dass alles, was wir wirklich wollen und brauchen für uns da ist, dass keiner dem anderen etwas wegnimmt, sondern wir und unsere Träume einander bereichern.

Wie das kam? Vielleicht habe ich mal Muße, das zu erzählen…

An dem Tag, an dem ich mich neu für ihn entschied, entschied ich mich auch dafür, seinen Traum mitzuträumen – immer in der Gewissheit, dass ich mich jederzeit anders entscheiden kann. Und seltsamerweise brachte uns das unseren Kindern, meiner Familie und den Festen näher. Seltsamerweise hilft er mir seitdem gerne im Garten…

Vor drei Jahren, mit 49, machte ich meinen Segelschein, gemeinsam den Sportbootführerschein See. Wir kauften ein kleines Kajütboot, eine Etap 21i, die wir drei Jahre lang binnen segelten, mit der wir aber auch zwei wunderschöne Törns in Kroatien unternahmen. Wir lasen fast jedes Buch zu dem Thema „Weit und lange segeln“. Tomy studierte jahrelang die Gebrauchtbootsanzeigen. Wir machten beide drei Funkscheine.

Langsam tasten wir uns heran.