Girolata
Girolata

Girolata – Logenplatz im Hafenkino

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Vor uns öffnet sich der Golf von Girolata. Tomy bittet mich, den Tiefenmesser anzuschalten. 68m, dann nichts mehr. „Hat der Tiefenmesser den Geist aufgegeben?“ fragt er, „Nein, es ist hier über 600m tief, das schafft er nicht!“

An der engsten Stelle ist der Golf etwa eine Seemeile weit, ringsum nichts als Berge. Kaum vorstellbar, dass es hier eine Ankerbucht geben soll! Doch am fernen Ende leuchtet hell eine Burg! Dahinter verbirgt sich das Fischerdorf Girolata, nur per Schiff oder über einen Wanderweg erreichbar. Es ist ein beliebtes Ausflugziel, ein Ort wie aus einer anderen Zeit, ohne Autos und Kühen, die am Strand liegen.

Zum ersten Mal auf unserem Törn antwortet die Capitainerie sofort auf unseren Anruf auf VHF Kanal 9 und das in tadellosem Englisch. Kurze Zeit später kommt uns der Hafenmeister auf einem Schlauchboot entgegen und lotst uns zu unseren Bojen. Gut, dass ich den Tiefenmesser ausgeschaltet habe und dem jungen Kerl blind vertrauen muss! Denn er weist uns zwei Bojen direkt am Strand zu, wir können höchstens die berühmte Handbreit unter dem Kiel haben! Aber wir schwimmen! Und wir haben freien Blick auf den Anleger, die Burg, die gepflegten roten Steinhäuser des Dorfes und den Strand. Nachbarn haben wir keine, es sind höchstens 8 oder 9 Schiffe hier. Wunderbar!

Girolata
Vom Restaurant blicken wir auf den Ankerplatz von Girolata und Yemanja

Allerdings herrscht reger Ausflugsverkehr: Massiv motorisierte und große Schlauchboote karren – wenn ich das auf See so sagen darf – ständig neue Touristen heran, die einmal am Strand auf- und abgehen, einen Kaffee oder ein Bier trinken und 40 Minuten später wieder weg sind.  Abends wird es ruhig, die meisten Restaurants schließen, doch Le Comoran hat offen, Abendessen allerdings erst ab halb acht. Macht nichts, wir warten gerne die Stunde! Eine flüssige Meerjungfrau, Bier, gebraut mit Wasser – Salzwasser! – aus der Saleccia Bucht, verkürzt mir die Zeit.

Doch der Hausherr, Vater, Fischer und Koch, steht bald an unserem Tisch und bietet uns an, sofort für uns zu kochen. Es gibt eine köstliche Fischsuppe, ebenso köstliches Fischgratin und Käse zum Dessert, alles reichlich und zu einem vernünftigen Preis. Außerdem essen am Nebentisch seine beiden Kinder zu Abend, etwa sechs und vier Jahre alt – sie sind einfach hinreißend. Bevor die Mutter etwas von der kleinen Fähre holt, befiehlt sie dem Buben aufzuessen, bis sie wiederkommt. Die große Schwester hilft und isst mit, dabei laufen die beiden immer wieder zu uns ans Fenster und schauen, wieviel Zeit sie noch haben.

Am nächsten Morgen weckt uns ein entfernter Hahn und wildes Vogelgezwitscher. Alle Spatzen in Girolata erzählen aufgeregt ihre Träume! Und jeder will erster sein!

Girolata
Die Burg am Morgen

Ich mache meine Dehnübungen, Tomy kocht Kaffee, dann beginnt das Hafenkino:

Ein Mann in einem kleinen Schlauchboot, mit Steuerrad, klettert auf die Mole. In einem blauen Nachthemd macht er sich auf die Suche nach frischem Brot. Tomy meint zwar, er hätte einen Regenmantel an, er sah trotzdem mit den nackten Beinen darunter etwas seltsam aus. Zurück an seinem Motorboot, empfängt ihn seine Frau mit einem Kuss.

Die Fähre bringt an diesem Montagmorgen Arbeiter, die wohl die Festung renovieren. Die Burg ist deshalb leider noch nicht zugänglich. Die Hunde des Dorfes begrüßen sich schwanzwedelnd. Rechts aus der Senke kommt eine Frau auf einem Quad, Hund hinten drauf, sie fährt zur Arbeit am Campingplatz. Autos gibt es ja keine, Verkehrsmittel sind Boote, und an Land Quads und kleine Traktoren.

Bevor es zu warm wird, rudern wir zum Strand. Wir wollen in die nächste Bucht wandern. Meine Beine mögen die Unbeweglichkeit an Bord nicht und verlangen nach Bewegung. Der Weg ist stellenweise anspruchsvoll, doch die Blicke zurück sind atemberaubend! Das Wasser leuchtet über Sand in einem sagenhaften Türkis, die roten Felsen und das Grün der Pflanzen sind ein wunderbarer Kontrast. Und obendrüber strahlt die Burg.

Girolata

Nachmittags kommen viele Schiffe an, direkt neben uns liegen jetzt auch zwei. Wie schön war das gestern alleine! Und welch eine Überfüllung muss das hier im Sommer sein, zum Traum fügt sich dann wohl ein Alb!

Interessant ist, dass die meisten Schiffe mit sehr kleinen Dinghis ausgestattet sind. Der Herr neben uns sitzt in dem Ding wie unser Dreijähriger in dem kleinen aufblasbaren Bötchen, mit dem ihn sein Vater durchs Wasser zieht. Das Paar vom gar nicht so kleinen Motorboot dahinter, passt gerade so in sein Beiboot hinein. Außerdem ist der ältere Herr doch recht unbeweglich und fällt beim Umsteigen beinahe ins Wasser.

Das ist mir übrigens eine Lehre: Beweglich bleiben ist angesagt! Yoga, meine täglichen morgendlichen Dehnübungen, daheim am Dachboden oder im Garten, hier am Vorschiff oder Steg sind ein Muss!

Hinter uns liegt ein Charterschiff, auf dem locker 6 Mann Platz haben, ins Dinghi passen mit Mühe vier. Wir zittern mit, ob sie es so an Land schaffen. In einem anderen Dinghi liegt der fülligste Kerl unten drinnen, die andere drei sitzen oben, wieder ist es viel zu klein!

Das Dinghi mit dem Steuerrad kommt vorbei, diesmal sitzt elegant eine Dame mit Hut dahinter, die offensichtlich eine Bekannte an der Mole aussteigen lässt. Die Stimmen der beiden verheißen nichts Gutes…

Platsch! Die Gast-Dame liegt im Wasser! Lachend schwimmt sie an Land. Na, sie hat was zum Erzählen und ich auch!

Abends wird es wieder ruhig, die letzten Ausflugsboote verlassen Girolata. Die Kühe, die den Tag am Strand verbringen, trotten langsam heim. Ein winziges Kälbchen ist dabei, kaum größer als der Hund, der mit ihm spielen will. Doch die Mutterkuh senkt sofort die Hörner. Ein junger Bulle fordert einen älteren heraus und wird von ihm abgedrängt. Die Hunde des Dorfes jagen einander fröhlich über den Strand.

Das kleine Kälbchen links ist gerade mal so groß wie ein Hund

Mit der Dämmerung erwachen die Tiere des Landes und des Sumpfes hinter dem Strand: Die Kühe muhen, die Frösche quaken, ein paar Tauben turteln und die Gänse oder Enten protestieren. Mit der Dunkelheit erwacht ein Käuzchen und tutet mich in den Schlaf.

Gut geht es uns!

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