Auf dem Trockenen

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Ein wenig unwillig quälen wir uns um sechs Uhr morgens aus dem Bett. Vor allem Tomy protestiert: „Um sieben arbeitet da doch noch keiner!“

Doch er irrte.

Schon Anfang September hatten wir mit Carlos, DEM Mann für alle Fälle in der Bahia Marina, völlig problemlos per Email einen Termin für Wartungsarbeiten an Yemanja ausgemacht.

Allerdings hatte die Mariana an unserem Wunschdatum keinen Krantermin mehr frei. Den haben wir dann schnell persönlich organisiert, nur Carlos war nun nicht aufzutreiben. Ihn fanden dann Leentje und Patrick. Wir, also Yemanja und Silmaril, sollten um sieben Uhr morgens in der Marina sein, damit ein Taucher schon mal die Muscheln abkratzen konnten, um acht könnten wir dann raus und Carlos hätte pro Schiff drei Leute abgestellt. So weit so gut – für baianische Verhältnisse wirklich gut gelaufen.

Tatsächlich war auch der Taucher um sieben Uhr morgens schon einsatzbereit. Carlos war ebenfalls da, hatte alles im Griff. Fast. Denn wie sich später herausstellte, war ihm doch nicht ganz klar, dass zwei Schiffe kommen würden. Um es kurz zu machen: Drei Mann pro Schiff waren es dann doch nicht.

Silmaril hing als erste in den Gurten, die sorgfältig von dem Taucher platziert wurden. Ebenso sorgfältig wurde sie auf dem Trockengerüst abgesetzt. Yemanja wurde gegen elf Uhr genauso sorgsam aus dem Wasser gehoben und auf Stützen abgesetzt. Da schabte schon ein Arbeiter die Muschelreste von Silmaril.

Unser Schiff sah recht gut aus. Die Schraube war gut gängig und praktisch ohne Bewuchs, die Opferanode in gutem Zustand, nur der Kiel ein wenig rostig, da sollen wir noch eine Opferanode dranmachen. Die heißen so, weil sie sich quasi für das Schiff aufopfern: Wenn man zwei verschiedene Metalle in Salzwasser tut, fließt Strom. Damit hätten wir im Chemieunterricht eine Glühbirne leuchten lassen. Sagt Tomy. Ich kann mich nicht erinnern. Jedenfalls wird das schwächere Metall zerstört und damit das weder die Schraube noch der Kiel ist, opfern sich die Anoden.

Gespräch unter Experten

Gespräch unter Experten

Nachdem Tomy die Schraube geschliffen, poliert und geschmiert hatte, legten Carlos Leute am frühen Nachmittag los, befreiten Yemanja von jeglichen Muschelresten und schliffen das Unterwasserschiff.

Eine Weile noch beobachtete ich die Arbeiten auf der Werft: Ununterbrochen werden Schiffe millimetergenau mit einem Traktor hin und her geschoben, gelenkt mit einer Stange an der Achse. Daneben wird ein Schiff blau gesprüht, im Wind, ohne Mundschutz. Es stinkt nach Farbe, Diesel und Epoxy. Auch Palmen werden hin und hergeschoben, wer weiß wohin. Die Gärtner stellen eine Leiter aufs Gerüst, lehnen es an die Palme und gut is‘ es. Wir kennen das, trotzdem fuhren wir kopfschüttelnd zu unseren Freunden, wo wir schliefen. Denn das Gelände wird nachts von Hunden bewacht. Die sind bestimmt nicht so zutraulich wie Nega!

Am nächsten Morgen war Tomy schon um 8 Uhr in der Marina, während ich flottes Internet bei Freunden genoss… Als ich um halb drei kam, glänzte unser Schiff obenrum schon cremeweiß poliert und untenrum zur Hälfte gestrichen.

Yemanja glänzt wieder

Yemanja glänzt wieder

Fabio, ein junger Mechaniker hatte gewissenhaft das Kühlsystem des Motors untersucht, die Schläuche freigeblasen und den Wärmetauscher gesäubert. Gefunden hat er, was wir erwartet haben: nichts. Jedenfalls keinen Impellerflügel oder sonstiges, das den Wärmetauscher hätte blockieren können und für das Heißlaufen des Motors verantwortlich sein könnte. Rausnehmen konnte er ihn nicht, dafür muss der ganze Motor ausgebaut werden. Und das ist nicht so einfach.

Noch einen Tag später schwimmt Yemanja wieder im Wasser, glänzend poliert, sauber gestrichen und der Motor schnurrt auch und ist dicht. Ob jetzt alles cool bleibt, werden wir sehen. Carlos fotografiert ununterbrochen unser Schiff. Er hat feuchte Augen:

„Mein erstes Schiff hieß Yemanja. Es kostete den Gegenwert von rund 1000 Dollar. Vor fast vierzig Jahren! Ein halbes Jahr bin ich ununterbrochen getaucht, hab Langusten hochgeholt, dann gehörte sie mir.“ Wenige Jahre später holte er mit einem anderem Schiff 8 bis 20 Tonnen Fisch aus dem Meer. Er heiratete und begann ein neues Leben. Er kommt aus der Favela neben dem Solar d’Uniao, gleich neben der Marina. Heute lebt er in Rio Vermelho. Aus Carlinhos wurde mit der Zeit Carlos, und auch Carlão, so etwas wie Karl, der Große – Er gilt als der Beste der Werkstättenchefs auf der Werft in der Bahia Marina, jeder kennt ihn, jeder spricht anerkennend von ihm. Seine Kontaktadresse findet ihr unter den Tipps Marinas in Salvador, oder auch auf Noonsite.

Wir fuhren zurück in die preiswertere Marina Centro Nautico: Wir müssen einkaufen, werden am Wochenende Leentjes großen Geburtstag feiern und dann geht es nach Morro de São Paulo und Camamu.

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