Olodum

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Und weiter geht es mit der Mutter aller Trommelgruppen: Olodum!

Um sieben, nach dem Abendessen gehe ich erst mal schlafen – es wird eine lange Nacht! Um neun Uhr soll Einlass sein, eine Vorgruppe, dann treten Pisirico und Olodum auf, keine Ahnung in welcher Reihenfolge – es könnte gut drei Uhr morgens werden, bevor Olodum überhaupt die Bühne betritt!

Dennoch machen wir uns um neun Uhr auf, so richtig einschätzen kann ich das mit den Zeiten hier nicht: Manchmal fangen sie pünktlich an!

„Cais Dourado!“ sage ich zum Taxifahrer. Er sieht mich verständnislos an, also zeige ich ihm die Eintrittskarte.
„Cais Dourado!!!“ antwortet er selbstverständlich.
Hab ich doch gesagt, Mann!
Oder?

Vor einer alten Fabrikhalle lässt er uns austeigen, es beginnt zu nieseln, wir finden Schutz unter einem Mauervorsprung und beobachten das bunte kommerzielle Treiben, das ein nicht wegzudenkender Faktor bei brasilianischen Festen ist:
Vielleicht fünfzig Menschen, ganze Familien wollen heute ihr Geschäft machen. Die vielbefahrene Straße ist zu beiden Seiten vollgestellt mit Caixas do Isopor, jenen Truhen aus Styropor, die von Wasser über Bier und Schnaps alles beinhalten, was Herz und Magen begehren: An einer Ecke werden Fleisch und Käse gegrillt, andere verkaufen Kaugummi und Süßigkeiten, Zigaretten, Fruchtcocktails und eben Bier, Bier, Bier.

Doch heute fließt eher das Wasser in Strömen – von oben.

Kurz vor zehn lässt der Nieselregen nach, wir schaffen es, die Straße zu überqueren und gehen hinein. Wir haben Pista Karten gekauft, wir stürzen uns also ins Gewühl. Noch ist es leer, die Vorgruppe ist auch nicht der Knaller, Hauptsache laut! Warum hab ich meine Ohropax nicht mitgenommen? Mit zugehaltenen Ohren höre ich die Musik viel besser, kann sogar eine Melodie erkennen und Worte verstehen…

Ich werde nie verstehen, wie einige da noch telefonieren können!

Um elf Uhr beginnt der Umbau der Bühne für die nächste Gruppe – wir haben Glück: Es ist Olodum! Doch es dauert – die Jungs sollten mal nach Köln kommen, in den Sitzungskarneval, da fluppt das in 10 Minuten! Doch ich will keine deutschen Maßstäbe anlegen, damit macht sich frau in Bahia nur unglücklich!

Mittlerweile hat sich eine ansehnliche Lacke vor dem Eingang gebildet und wir vertreiben uns die Zeit damit, zu beobachten, wie die Gäste diese überwinden: Die Frauen stöckeln meist auf den Absätzen durch, mit großen Schritten, die Männer gehen ebenfalls auf den Fersen, die meisten springen irgendwie, einer meint, eine Plastiktüte unter den Füßen könnte hilfreich sein und rutscht aus, einer trägt seine Angebetete über die Schwelle. Nur wenige latschen beherzt durch – nass wurden sowieso alle!

Spätestens beim Verlassen…

O-lo-dum – – O-lo-dum – – … los geht es! Die Surdos wummern durch mich hindurch, ein gewisser süßer Duft liegt in der Luft, die Menge tobt, hält ihre modernen geheiligten Geräte* hoch und tanzt: Poposchwingend und breitbeinig bis in die Hocke und wieder hinauf – woher nehmen die die Kondition? Die wenigsten Hinterteile sind klein, die Frauen neigen zur Üppigkeit, heute mehr denn je. Dennoch, bewegen können sie ihr bestes Stück, dass nicht nur Männern schwindelig wird! Wir fünf, Tom, Thomi und Anja und wir, die einzigen Gringos hier, können da einfach nicht mithalten! Spaß haben wir trotzdem!

Doch den Gringos fehlt dieses spezielle Gen, dass es den Baianos jeden Alters ermöglicht, Nächtelang durchzutanzen. Kurz vor zwei geben wir auf, verzichten auf Pisirico, die nicht vor drei Uhr mit dem angekündigten dreistündigen Programm beginnen werden. Der Regen lässt etwas nach, wir könnten es wagen…

Jetzt sind wir diejenigen, die die Lacke überwinden müssen. Ach was Lacke, Pfütze – das ist mittlerweile ein See, auf dem die Bierdosen fröhlich dahintreiben, mehr als knöcheltief! Also Schuhe aus – aber wozu eigentlich?

Als wir uns endlich mit dem Taxifahrer auf einen Preis einigen, sind wir nass bis auf die Knochen!

Alles sei überflutet, sagt er, lädt uns fünf eiskalt vor den Augen der Polizei in sein Auto, dreht um und fährt an eben dieser vorbei gegen die Einbahn davon, sämtliche rote Ampeln ignorierend: Die andere Straße wäre nicht passierbar und diese, vor wenigen Stunden kaum zu queren, liegt verlassen vor uns.

Für rund 20 Euro für Eintritt, Bier und Taxi wurde uns wirklich einiges geboten!

*Meine – iPhone und Kamera – waren mit zu heilig, um sie mitzunehmen ;-): Keine Fotos! Aber hier hier der Link zu einem ihrer besten Songs, in der Hoffung, keinerlei Rechte zu verletzten… Also wenn, dann sagt es mir einfach, ich lösche es dann!

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