Segeln mit Yemanja

13 plus 1 Dinge, die du nicht übers Elsass weißt

13 + 1 Dinge, die du nicht über das Elsass weißt -Colmar - Segeln mit Yemanja

Falsche Störche in Colmar

und Nummer dreizehn wird dich nicht überraschen, vierzehn hat mich echt geplättet!

Ich muss zugeben, wir sind ohne große Vorbereitung ins Elsass gefahren. Acht bis zehn Tage wollten wir unterwegs sein: Erst nach Karlsruhe zu den Schlosslichtspielen, über die ich letztes Jahr auf dem Blog Escape-from-Reality gelesen habe – die Fotos haben mich direkt verzaubert! Dann wollten wir nach Straßburg, die elsässische Weinstraße bis Colmar und über die Vogesenkammstraße nach Luxemburg, Trier und wieder heim. Dabei habe ich die Entfernungen überschätzt und unsere Bequemlichkeit und unser kulturelles Desinteresse unterschätzt: Es ist alles so nah, Tomy mag noch nicht wandern, Museen und Schlösser von innen sind einfach nicht unser Ding. Wir waren also schneller als gedacht – und oft genug überrascht. Weil wir nicht viel über das Elsass wussten – außer Nummer 13 und 14!

Los geht’s, mit viel Augenzwinkern!

1. Das Elsass ist (kein) Storchenland

Schon in Straßburg fielen mir die Störche auf: Sie prangen auf Schildern, Glascontainern und in Auslagen, nur nicht in Echt. Also machte ich mich in Google auf die Suche nach den Störchen im Elsass: Dort gilt er als ein heiliger Vogel, der Glück bringt, ein Symbol für Wohlstand und das Elsass ist. Mitte der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts galt er als ausgestorben, es gab gerade noch 9 Storchenpaare im Elsass. Programme zum Schutz und zur Auswilderung ließen die Population auf etwa 800 Paare ansteigen. In der Orangerie in Straßburg leben rund 100 Paare, viele davon bleiben auch im Winter. Der Rest macht sich Ende August auf den langen Weg nach Afrika. Vermutlich haben wir deshalb keine lebenden Störche mehr gesehen, sondern nur mehr verlassene oder unbenutzte Nester auf den Dächern rund um Hunawihr. Dort gibt es auch einen Strochenpark.

So sehr die Elsässer ihre Störche lieben – vielen sind sie auch ein Dorn im Auge. Denn ihr Klappern ist laut. Und sie machen Dreck! Viel sogar.

Stochennest in Rbeauville

Andrerseits: Im Gegensatz zum restlichen Frankreich bringen auch hier die Störche die Kinder, allerdings nur in die Häuser, in denen noch Elsässisch „wie d’r Schnawwel g’wachse isch“; gesprochen wird.

2. Die Elsässer sprechen in Zungen

Die Orte heißen Riquewihr/Reichenweiher, Kaysersberg, Itterswiller, Andlau oder Ribeauville. Die Straßen Rue du Tanneur oder Gerbergässle, Rue du Monnaie oder Münzgass. Viele sprechen bestes Hochdeutsch, andere ausschließlich Französisch. Und einige, vor allem die Älteren, immer noch, die Jüngeren auch wieder Elsässisch.

Straßburg

Elsässisch ist keine einheitliche deutsche Mundart, sondern der Oberbegriff für von Ort zu Ort verschiedene alemannische Dialekte, meist Oberrheinalemannisch, aber auch Hochalemannisch oder Fränkisch. Das macht die Sache noch komplizierter.

Im Mittelalter wurden germanische Mundarten gesprochen, mit französischen Mundartsprachinseln. Je nachdem wer danach herrschte, wurde mal das Französische, mal das Deutsche unterdrückt. Heute ist die Sprache Französisch, in den Schulen wird viel Hochdeutsch gelernt, es gibt Projekte, um das Elsässische in seiner Vielfalt zu erhalten, aber auch Bemühungen, es zu vereinheitlichen, damit es bessere Überlebenschancen hat.

Jedenfalls macht es Spaß, immer wieder deutsche Wörter und Namen zu entdecken, die diese Grenzregion und das Zusammenleben charakterisieren.

Das Elsass spricht mehrere Sprachen

3. Die Freiheitstatue kommt aus Colmar

Das erste, das mir in Colmar auffällt, ist die Freiheitsstatue. Oder ein Teil davon. Auf einer Metallpalette auf dem Boden. Die Spitze des Dreiecks zeigt irgendwohin, vermutlich zu einer 12m hoher Nachbildung aus Kunstharz, das in einem Kreisel an der nördlichen Einfahrt Colmars steht.

Mit ihrer Errichtung zum 100. Todestag im Jahre 2004 von Auguste Bartholdi ehrte die Stadt den Erfinder der Freiheitstatue, der aus Colmar stammt. Die Freiheitstatue, ein Geschenk Frankreichs an die USA, ist sein bekanntestes Werk.

Vielleicht führen die Pfeile auch zum Bartholdi-Museum, das im Geburtshaus des Künstlers untergebracht ist.

Mysteriöse Wegweiser

4. Hansi kommt auch aus Colmar. Und Tomi aus Straßburg

Zugegeben, das ist ein Insiderwitz: Mein Bruder wird in der Familie Hansi gerufen. Wir fanden es sehr witzig, den Namen immer wieder an Museen oder Gasthäusern zu lesen. Aber wer war Hansi? Ein Elsässer Grafiker und Kinderbuchautor mit Namen Jean-Jaques Weitz. Er prägte mit seinen Büchern das Bild vom idyllischen, ländlichen Elsass, zu dem Störche gehören, die die Kinder bringen. Kurios ist, dass er nicht nur deutsche Vorfahren hatte, nein auch einen deutschen Künstlernamen – Hansi – wählte, obwohl er die Deutschen hasste. Er erlebte ein von den Preußen unter Wilhelm II besetztes Elsass, in dem das Französische unterdrückt wurde. Im Ersten Weltkrieg kämpfte er deshalb als Freiwilliger auf der französischen Seite.

Jean Thomas – Tomi – Ungerer, ebenfalls Grafiker und Schriftsteller, geboren in Straßburg, empfand ganz anders. Er sprach als Kind zu Hause nur Französisch, denn das galt als fein, das Elsässische war die Sprache des gemeinen Volkes. Nach der Besetzung durch das Nazi-Regime lernte er innerhalb weniger Wochen Deutsch und Elsässisch, was er als persönliche Befreiung empfand. Nach dem Krieg wurde alles Deutsch-Elsässische verboten – in seinen Augen ein kulturelles Verbrechen der Franzosen.

Übrigens: Auch er wurde in der Schule Hansi gerufen, zu Hause war er Franzose, für seine Freunde Elsässer.

Wer war Hansi?

5. Warum weiß keiner

Hansi schlägt dem Jean den Schädel ein und warum, weiß keiner. Kaum eine andere Gedenkstätte in Europa erinnert so sehr an die Sinnlosigkeit und Absurdität des Krieges, wie die am Hartmannsweilerkopf.

Fast 30000 französische und deutsche Soldaten fielen im ersten Weltkrieg auf dem Hartmannsweilerkopf. 1256 französische Soldaten, zusammengetragen von den Kampfstätten rundherum, ruhen dort auf dem Friedhof und in der Krypta. Es war einer der erbitterst umkämpften Orte im Ersten Weltkrieg, dabei strategisch völlig unbedeutend.

„Die Kämpfe waren extrem hart, die Soldaten standen in den Schützengräben, bis zum Knie in einem Sumpf aus Urin, Kot und Leichenteilen. Cholera und Typhus breiteten sich aus. Einen Sieger gab es am Ende nicht.“ Die Welt

Immer noch gibt es ein Labyrinth aus 60 km Schützengräben und Überreste von rund 600 Bunkern. Ein Schild warnt den Besucher davor, Handgranaten anzufassen. Ich glaube jeder, der dorthin kommt, fragt sich WARUM wegen eines Haufens Erde so viele junge Menschen sterben mussten!

Am Hartmannsweilerkopf, auch Menschenfresser genannt

Ich weiß jetzt einmal mehr, warum ich für die EU bin! Für Aussöhnung, für Vergeben, für Verständnis, für Mitgefühl, fürs Miteinander, auch für Nebeneinander, fürs Anderseinlassen und Akzeptanz. Ich glaube, das heutige Elsass ist dafür schon ein gutes Beispiel!

6. Es sind die Menschen aus aller Herren Länder, die es schön machen

Sprich: die Touristen. Gut, unsere Strategie ist es, möglichst früh in einem Ort zu sein, sodass keine Touris mit Schirmchen vorne weg das Panorama und die Fotos versauen, aber die Wahrheit ist: Die Orte wären nicht so gut erhalten, renoviert und vor allem so liebevoll und so grenzwertig kitschig geschmückt, wenn es nicht für die Gäste wäre!

Das älteste Haus in Straßburg – mit Touristen

ohne Touristen würde kaum jemand die Häuser so schmücken

Oder so

7. Das Straßburger Münster macht auch in Licht

Wir kamen ja aus Karlsruhe, wo das Schloss im Sommer bei den Schlosslichtspielen zweieinhalb Stunden lang von verschiedenen Lichtkünstlern verzaubert wird. Wir hatten keine Ahnung, dass auch das Straßburger Münster allabendlich etwa im Abstand von einer halben Stunde für eine viertel Stunde zum Lichtkunstwerk wird. Da liegt übrigens der Hund begraben: Frankreich verbietet die Veröffentlichung von Fotos von Kunstwerken, die jünger als 70 Jahre sind. Gibt also keine Fotos vom neuem Lichtkunstwerk hier zu sehen.

Licht ist in Straßburg aber auch nicht als Kunstwerk schön!

Licht in Straßburg

Straßburg

8. Die können Blumen!

„Wenn du sonst nichts kannst, Blumen kannst du“ sagt meine Nachbarin öfter mal scherzhaft zu mir (Sie sagt das auch über meine Nähkünste). Nun gut, gegen die Villes und Villages fleuris mit zwei oder drei Blümchen in der Auszeichnung, ist mein Vorgarten eine Wüstenei. Die Dörfer quellen über vor bunten Blumen, sowohl an öffentlichen Plätzen, als auch an Häusern, in Vorgärten oder Restaurants.

Diese französische Version von „Unser Dorf soll schöner werden“ gibt es schon seit vielen Jahren und die Vergabekriterien für die Auszeichnung sind ziemlich streng. Sie beinhalten ökologische und nachhaltige Gesichtspunkte, das Engagement der Bürger, die Sauberkeit, die Dorfentwicklung ganz allgemein, auch in Wald und Flur und den ganzjährlichen Blumenschmuck.

Wir finden, die Ergebnisse des Wettbewerbs sind im Elsass besonders gelungen!

Blumen in Barr

9. Das Elsass ist ein Burgenland

Ich habe das Elsass nie mit Burgen verbunden. Ein großer Fehler! Hätte ich es vorher gewusst, hätte ich vielleicht die eine oder andere Wanderung zu einer der Ruinen eingeplant. So blieb nur die Haute-Koenigsburg, zu der eine Straße führt. Sie ist dafür aber auch besonders eindrucksvoll.

Die Hohkönigsburg – kein Schreibfehler! – thront über Kintzheim und St. Hippolyte, an einem Kreuzungspunkt der alten Getreide- und Weinstraße mit der Salz- und Silberstraße. Die Staufern erbauten sie im 12 Jahrhundert, später fiel sie an die Habsburger und im 15. Jahrhundert an die Tierstein. Im Dreißigjährigen Krieg wurde sie geplündert und dem Erdboden gleichgemacht. Die heutige Version verdanken wir dem deutschen Kaiser Wilhelm II von Hohenzollern, der die Burg als Geschenk erhielt. Er ließ sie in nur 8 Jahren von 1900 bis 1908 renovieren oder besser nach alten Plänen, Zeichnungen und anderen Burgen neu bauen. Das ist dem Architekten gut gelungen, es gibt kaum eine eindrucksvollere Burg mit besserer Weitsicht in Europa! An guten Tagen kann man sogar die Alpen sehen!

Drinnen waren wir allerdings nicht: Nachdem wir in Sintra in einer Menschenmasse durchs Schloss getrieben wurden, haben wir einander geschworen, nie mehr in Europa ein Schloss oder eine Burg von innen zu besichtigen. Zumindest nicht in der Hauptferienzeit!

Die Burgen und die Befestigungsanlagen und Wehrtürme um die Dörfer und Städte weisen aber auch darauf hin, dass diese Region immer schon schwer umkämpft war.

Haute-Koenigsburg

Jeder kleine Ort hat einen Wehrturm und ist befestigt

10. Das Elsässer Sauerkraut ist ein Bauernschmaus

Ich hatte wieder mal keine Ahnung, was unter Choucroute Alsacienne zu verstehen ist, als ich bestellte, aber mein Magen verlangte nach Sauerkraut. Erfreut stellte ich fest: Es ist ein Bauernschmaus! In Österreich besteht ein Bauernschmaus aus einem Würstl, einem Stück Schweinsbraten, einem Stück Geselchtes, Semmelknödeln und köstlichem Sauerkraut. Im Elsass sind es zwei Würstchen, zwei Scheiben Bauchspeck, Geselchtes und eine (!) Kartoffel, die das Kraut begleiten. Was besser ist? Vielleicht lag es ja am Restaurant oder an der Nostalgie, aber das was ich von meinen Urlauben am Fuße des Dachsteins in Erinnerung habe, ist um einiges besser!

Elsässischer Bauernschmaus

11. Dachstein? Das liegt im Elsass

Tomy und ich haben einander am besagten Fuße des Dachsteins, oder besser der Scheichenspitz, in der Ramsau, kennengelernt. Deshalb muss ich mir auch unbedingt den Ort Dachstein im Elsass ansehen. Und ein Foto vom Ortsschild Dorlisheim machen, denn so heißt eine liebe Freundin. Ein Bergheim gibt es hier auch, aber da fuhren wir nicht durch. Wir mieden auch Orschwiller und Orschwihr.

Verbindungen zu Österreich finde ich übrigens noch mehrere:

12. Im Elsass liegt ein Gumpoldskirchen neben den anderen

Wenn mich jemand nach Empfehlungen in Wiens Umgebung fragt, nenne ich sicher Gumpoldskirchen als idyllischen Weinort, mit eindrucksvoller Kirchturm und netten Heurigen. An der elsässischen Weinstraße liegen diese bezaubernden Orte um einen markanten Kirchturm inmitten von Weinbergen unter einer Ruine wie Perlen auf einer Schnur nebeneinander!

Blick von Itterswiller

Nur Heurigen haben die keinen!

13. Wein können sie auch

Behaupte ich jetzt mal, denn wir fuhren durch endlose Weinberge. Da wir mit dem eigenen Auto unterwegs waren, war eine Weinverkostung nicht drin. Nur abends zum Essen gab es elsässischen Riesling. Und der war sehr lecker!

Mein Fazit:

14. Es ist überwältigend schön!

Ich hab vorher Fotos gesehen, deshalb wollte ich ja dahin. Wie schön es wirklich ist, hat mich dann aber doch umgehauen! Hier noch ein paar typische Beweisfotos, die nur eines im Sinn haben: Dich davon zu überzeugen, dass du dir eine Reise ins Elsass gönnst!

Wenn du schon mal dort warst, lass es mich wissen, wie es dir gefallen hat!

INFO Elsass

Die Seite des Elsässischen Tourismusbüros ist sehr informativ und brauchbar! Ihr findet Tipps und Information zu den Orten, der Weinstraße, der Vogesenkammstraße, Museen und natürlich den zahllosen möglichen Aktivitäten, wie wandern oder Fahrrad-Touren, und natürlich den Festen.

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