Heimkommen: Ich freu mich auf Reichtum, den Daheimgebliebene gar nicht merken

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In ein paar Tagen fliegen wir wieder nach Hause, zumindest war das so, als ich den Artikel vorbereitet habe. Mittlerweile sind wir gut angekommen und genießen bereits all das, was unten steht.

Nach 121 Tagen in Südamerika freu ich mich auf einiges, was für viele Daheimgebliebenen so alltäglich ist, dass sie vielleicht vergessen haben: All das ist nicht selbstverständlich und durchaus etwas, wofür ich sehr, sehr dankbar bin!

Also ich freu mich auf

Wasser
Zum Wasserhahn gehen, aufdrehen und es kommt

  • A kaltes Wasser, das ich unverzüglich ohne weitere Behandlung trinken kann und
  • B noch besser: SOFORT heißes Wasser, mit dem ich duschen kann, ohne zwischen den Tropfen hin und her zu tanzen oder einen elektrischen Schlag zu befürchten –

Ist für mich der ultimative Luxus überhaupt.
Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie ich mich auf eine anständige Dusche und einen Abend in meiner Badewanne freue!

Lange Sommerabende und gepflegtes Grillen
Nahe der Tropen zu leben heißt: Die Sonne scheint 12 Stunden, mit Dämmerung ist es knappe 13 Stunden hell. Wenn um fünf Uhr die Sonne aufgeht, geht sie auch um fünf Uhr unter. Um sechs Uhr abends ist es stockdunkel. Um acht Uhr sagt mein an europäische Sommer gewöhnter Körper: Hei, Steffi, es ist warm und seit zwei Stunden dunkel – es muss Mitternacht sein, du bist totmüüüüüüüüüüüüde. Gähn, blink… blink……chrr
Ah, so eine laue Sommernacht in meinem Garten ist ein Segen! Sogar, wenn es etwas kühler wird!

Ein Sommerabend im Garten - Photo von Patrick Houquet

Ein Sommerabend im Garten – Photo von Patrick Houquet

Kühle
Oh ja, Kühle! Nachts nicht im eigenen Schweiß zu baden, tagsüber keinen sprudelnden Wasserfall im Gesicht zu haben – welch eine tolle Aussicht! Hier in Jacare ist es zwar etwas kühler und vor allem etwas weniger feucht als in Salvador, aber viel nutzen tut das nicht. Ich bin mir zwar sicher, dass ich die deutsche Sommerkälte noch verfluchen werde, aber erst mal freu ich mich drauf!

Juni 2015 in Mechelen

Juni 2015 in Mechelen

Sauberkeit
Ähm, Sauberkeit? Ja! Nicht, dass wir in daheim nicht auch noch lernen müssten, unseren Müll nicht einfach fallen zu lassen oder fremden Müll aufzuheben – im Vergleich zu Südamerika ist es in Deutschland und Österreich einfach sauber! Ich bin zwar eine Meisterin darin, meine Wahrnehmung so zu steuern, dass ich mich am Duft der Rosen erfreuen kann, ohne von den Dornen gestochen zu werden, aber hier ist das fast unmöglich: Plastikmüll aller Art ist überall. Hinzu kommt: In meinen beiden Heimatländern sind die öffentlichen Anlagen meist gepflegt. Zwar besteht da ein gravierender Unterschied zwischen Pullem und Tribus, doch sind Gschtetten eher die Ausnahme – hier die Regel. Obwohl… hmm… da gibt es auch daheim einige Ecken. Also betrachtet diesen Punkt als gestrichen!

Wieckse Witte - my favorite Dutch beer

Wieckse Witte in Vlissingen, Juli 2013

Alkoholfreies Bier und Wieckse Witte
Wer dieses Blog aufmerksam liest, weiß – ich trinke gerne Bier. Blöderweise bin ich spätestens nach der zweiten Dose nicht mehr ganz Herrscherin meiner Sinne und außerdem setzen sich die Kalorien darin ziemlich hartnäckig an meinen Hüften fest. Also freue ich mich auf mein bitteres Fun-Bier, mit nur 18 Kalorien pro Glas, von dem ich trinken kann, bis ich Läuse im Bauch habe, aber immer noch einen freien Kopf.
Außerdem werden wir nach Holland fahren, wohin auch immer, Hauptsache es gibt Wieckse Witte! Das ist nämlich mein Lieblingsbier! Hat es allerdings auch in sich…

Flanieren
Entspannt spazieren gehen, ein wenig Schaufenstergucken, irgendwo einen Kaffee oder ein Kölsch trinken, draußen sitzen… In Salvador fährt man zu Strand oder in ein eisgekühltes Resturant, in Jacare gibt es noch weniger Auswahl.

Meine Nähmaschine
Wenn dieses Abenteuer hier zu Ende ist, möchte ich ein Jahr lang nur nähen! All die Ideen umsetzen, die in meinem Kopf herum schwirren. Die Stoffsammlung reduzieren. UFOs – UnFertige Objekte – fertig stellen…
Zwei, drei Projekte werde ich wohl im Sommer schaffen.

Meinen Garten
Meine Oase, meine Kraftquelle!
Ehrlich jetzt? Vorm Unkrautjäten graut mir etwas, hab ich doch einen Feldahorn im Garten der bestimmt gefühlte 4000 Sämlinge verstreut hat…
Aber dennoch freu ich mich auf die Blütenpracht! Denn auch hier gilt – letztendlich gibt es nur sehr wenige Gegenden auf der Welt, die so gute klimatische Bedingungen für traumhafte Gärten bieten, wie Mitteleuropa. Und noch weniger Menschen, die darauf Wert legen.

Sieht ja bunt aus - nur sollten da Erdbeeren wachsen - Juni 2015

Sieht ja bunt aus – nur sollten da Erdbeeren wachsen – Juni 2015

Freunde und Nachbarn
Da gibt es nichts hinzuzufügen: Leitln, Lück, ich freu mich auf euch!

Erdbeeren mit Schlag
Tropische Früchte hin, tropische Früchte her: Keine kommt an Erdbeeren mit Sahne heran! Wobei die Erdbeeren am besten frisch aus meinem Garten oder vom Erdbeerfeld sind. Außerhalb der Saison oder von weit her, kannst‘ sie vergessen!
Außerdem freu ich mich auf reife Marillen, nicht vom Baum, sondern vom Unter-dem-Baum – mit denen kommen nicht mal Erdbeeren ohne Sahne mit, auch keine Maracuja, mein tropisches Lieblingsobst.

Gemüsevielfalt in guter Qualität
Nun könnte der Brasilienunerfahrene Leser denken: In Brasilien muss es doch nur so von Obst und Gemüse wimmeln. Nun ja, aber eben auch von Würmern und Fäulnisbakterien…
Die Tomaten, die hier im Supermarkt verkauft werden, würden es bei uns nicht mal bis in den Supermarkt schaffen. Nun könntest du noch einwenden: Leckere Tomaten müssen sind makellos sein. Stimmt. Nur sind sie nicht mal lecker! Sondern entweder grün oder faul (stink) oder mehlig und pelzig. Auberginen ohne Würmer gibt es nicht, die Zucchini haben Keulengröße, Salat ist welk, ebenso Kraut. Karotten, ja Karotten sind okay, Rote Beete, Kartoffeln, Zwiebel gehen, Chuchu auch, Gurken sind gummiartig. Paprika sind noch am besten! Dann gibt es noch Maniok, Inhame und Süßkartoffeln und das war es dann.
In Salvador waren Frische und Angebot (es gibt dort mehr tropische Gemüse) noch ganz gut, aber hier in Jacare lässt beides schon sehr zu wünschen übrig!
Also freu ich mich auf Spargel, Karfiol, Brokkoli, Tomatenvielfalt, Sellerie, Spinat, Fenchel, Pilze, Radieschen und Rettiche, Salat, Radiccio und und und …
Uns geht es da ganz schön gut, in Deutschland und Österreich!

Meine Waschmaschine
Gut, hier wäscht jemand meine Wäsche. Alles zusammen, kalt und mit jeder Menge Waschmittel. Waschmaschinen, die mit heißem Wasser waschen, Wäsche auch noch nach Farben oder Fasern trennen ist im Rest der Welt relativ unbekannt. Unsere Klamotten werden also immer farbloser, ohne nach deutschen Maßstäben sauber zu sein…

Funktionierender öffentlicher Nahverkehr, gute Straßen
Ich weiß, die Deutsche Bahn und ich, wir kommen nur ungern zusammen. Dennoch ist auf sie Verlass. Sie hat öfter mal Verspätung, aber immerhin gibt es Fahrpläne, an die sie sich zu halten bemüht. Punkt. Und die Busse auch. In Salvador weiß kein Mensch, welcher Bus von wo wohin und wann fährt. Es soll allerdings einen Plan geben…
Auch die Straßen daheim… Da schwebst du quasi drüber anstatt zu hoppeln!

Und es funtkioniert doch!

Und es funtkioniert doch!

Ärzte, die mich verstehen
Nicht, dass wir einen gebraucht hätten! Doch ist es unterwegs im Bedarfsfall gar nicht so einfach, ärztliche Versorgung zu finden, die auch nur annähernd so gut ist, wie die in Deutschland oder Österreich. Ja, da gäbe es einiges zu verbessern, und doch kommt weltweit kaum etwas auch nur in die Nähe – nicht mal, wenn du die Behandlung bezahlen kannst. Abgesehen davon – wie willst du einen Arzt, dessen Sprache du nicht sprichst und der kein Englisch kann, deine Sorgen und Symptome schildern? Zahnarzt, Augenarzt, Hautarzt – freuen ist vielleicht das falsche Wort, aber ich bin froh, euch bald zu sehen!

Europa
Wenn ich das alles durchlese, dann stelle ich fest: Ich freue mich auf Europa! Schon vor 15 Jahren in Salvador fiel mir auf, dass ich mich immer mehr als Europäerin fühlte, sehr viel weniger als Österreicherin oder Deutsche. Es ist unser Kulturraum, der mir fehlt: Ordnung, Sauberkeit, soziale Verantwortung, Organisation, Kunst, Kultur, laue Sommerabende, Heuriger, Biergärten, Schlösser, Felder und Burgen…

Europa auf einen Blick: Der Kölner Dom

Europa auf einen Blick: Der Kölner Dom

Und jetzt:
Ein Ratespiel – Welche Vorfreude bringt mein Herz so richtig zum Singen?
Na?
Trommelwirbel:

Meine Engel!
Meine Töchter, Schwiegersöhne, meine Enkel, mein Hundchen und meine Familie in Österreich! Und auch dem ist nichts hinzuzufügen!

 

Auf die Idee zu diesem Artikel brachte mich Anna von annasnotizblog. Worauf freust du dich, wenn du nach langer Reise nach Hause kommst? Erzähle uns davon, auf deinem Blog oder hier in einem Kommentar.

Auch Sabine von geckofootsteps.de kommt gerne nach Hause – nur nicht für allzulange!

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