Morgens in Ribeira…

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Still ist es des Nachts in Ribeira, so wie in der ganzen, tagsüber so lauten und geschäftigen Stadt. Es sind die Hähne auf der anderen Seite der kleinen Bucht von Itapagipe, die als Erste den neuen Tag erahnen und dies krähend kundtun. Etwas später, schon im Grau des Morgens, rattern die ersten bunten Wagons von den Außenbezirken in die Stadt. Später an diesem Tag werde ich mit einem dieser Züge hinaus nach Plataforma fahren. Doch jetzt sind laute Rufe zu hören: Ruderer ziehen eine erste Wellenspur durch das spiegelglatte Wasser. Bald gesellen sich die Motoren der Fischer zu den Geräuschen der erwachenden Stadt. Busse und Autos kommen hinzu, doch in Ribeira geht es recht beschaulich zu.

Zug

Zug

Ich bin am Bahnhof von Calçada mit Mollie, meiner Freundin, und einigen ausländischen Frauen, die hier leben, verabredet. Vorbei an alten Fabriken, streunenden Pferden, Menschen, die unter schwarzen Plastiksäcken wohnen und kleinen Häuschen geht es um die kleine Bucht nach Plataforma. Eine Plattform für Kanonen fungierte unter anderem als Namensgeber. In dem Ortsteil stehen immer noch die Ruinen der ersten Textilfabrik Brasiliens sowie die „imperalen Palmen“, die weithin sichtbar am Eingang zu der kleinen Bucht stehen. Sie sollen 375 Jahre alt sein. Sie stammen alle von der einen Palme ab, die der portugiesische Kaiser einst im botanischen Garten in Rio pflanzte. So erzählt es uns die Dame von der Ortsgemeinschaft Plataforma. Imposant sind sie schon…

Es heißt, Brasiliens Unabhängigkeit wurde in Rio verkündet und in Bahia gewonnen. Es war hier in und um Plataforma, wo der der Widerstand gebrochen wurde. Es gibt immer noch einen Tunnel, der von Plataforma auf die ehemaligen Schlachtfelder führt, doch begehbar ist er nicht mehr. Dafür wird ein letzter Rest des Mata Atlantica, des atlantischen Regenwaldes, jetzt mit neuen Wegen erschlossen.

Auf der anderen Seite der Bucht befreit derweil ein Taucher, der eigentlich ein Schnorchler ist, unser Schiff von Seepocken. Um nichts in der Welt möchte ich diese Arbeit in dieser Brühe machen! Denn so beschaulich wie Ribeira ist auch der Wasseraustausch in der kleinen Bucht mit den Favelas rundherum…

Ribeira 4

Kanalisation gibt es dort ja eher keine.

Tomy putzt unsere Yemanja oben herum. Als ich nach Hause komme, glänzt sie wieder, der wirklich minimale grüne Schimmer an Deck ist verschwunden.

Ostwind kommt auf, wie jeden Tag ab mittags. Bis zum Abend erreicht er oft 20, 22 Knoten in Böen und heult durch die Wanten. Da soll ich wieder raus? Nach so langer Zeit an Land bin ich unsicher…

Am nächsten Morgen ziehen wir die Segel ein, schön ruhig und gelassen. Lachend fragen wir uns, wie wir es voriges Jahr geschafft haben, das Vorsegel verkehrt herum einzufädeln?

Dann ist es Zeit – wir müssen wieder raus. So sehr ich Riberia mag, so sehr es mich drängt, hier noch mehr zu erkunden, so sehr müssen wir raus, weiter, wieder segeln. Nach Arartu wollen wir, zu Patrick und Leentje.

Der Motor läuft nach 20 Minuten, gleich nach der Ausfahrt aus der kleinen Bucht heiß, wir setzen das Vorsegel. Mist, da müssen wir uns auch drum kümmern. Seufz, wir haben wohl beide auf ein Wunder gehofft! Immerhin haben wir ja schon einen Termin in der Bahia Marina, um Yemanja aus dem Wasser zu holen und das Unterwasserschiff zu streichen.

Nach zwei Stunden müssen wir ihn wieder anwerfen, bei der Einfahrt in die Bucht von Aratu bläst uns der Wind entgegen. Ich hülle den Motor geistig in einen Eisblock und lasse einen Gebirgsbach durch das Kühlsystem plätschern. Was soll ich euch sagen? Er läuft brav eine ganze Stunde lang. Kann natürlich auch daran gelegen haben, dass er auf etwas geringerer Drehzahl lief…

Das Festmachen an der Boje ist Hafenkino. Amüsiert denke ich an all die liebenswerten Segler in der Segler-Facebook Gruppe, deren Lieblingsbeschäftigung das – nein, nicht das eigenhändige Segeln, sondern das Bewerten der Segelkünste der anderen ist. Sie hätten ihre helle Freude gehabt!

Ich erwische die Leine an der Boje zwar sofort, versäume es aber, schnellstens die Leine durchzuziehen und kann sie nicht halten. Also hilft uns der junge Mann im Marinaboot. Elegant steht er auf einem Bein, lenkt lässig mit den Zehen des anderen Fußes das kleine Tuckerboot. Er zieht uns zur Boje, die Leine durch und bringt sie wieder zurück. Bei dem Wind, meint er, wäre es auch schwierig. Nun ja.

Aratu

Später bringt er uns an Land, wo wir mit Leentje und Patrick unser Abendessen einnehmen: Erstaunlich, wie sättigend ein, zwei, d- Caipirinhas sein können!

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